Agrargemeinschaften in Mieming - Bestand - Daten - Dokumente

Hier entsteht eine Bestandsaufnahme über das Gemeindegut und die Agrargemeinschaften der Gemeinde Mieming, versehen mit den aktuellen und historischen Grundbuchdokumenten. Mit Daten der Nutzungsberechtigten, Bescheiden, Erkenntnissen und interessanten Dokumenten werden die Aufzeichnungen abgerundet werden.
Es ist "work in progress",  also derzeit noch unvollständig
und wird laufend ergänzt werden.

Gemeindegut, Gemeindevermögen und verschobenes Eigentum
Grundbuchstand
aktuell
Grundbuchstand alt
bei GB-Anlegung
Flächen/m² im Eigentum von
Flächen/m²  im Eigentum von
Gde Geb.körp.
AG
Gde Geb.körp.
bäuerl MitEgt
gemischt
Gemeinde Gebietskörperschaften
 
 
 
 
 
Gemeinde
 
 
 
 
 
typ. Gemeindegut reguliert
0
 
0
 
 
Gemeindegut mit landwirtsch. Dienstbarkeiten         >weiter>
3 989 137
 
3 989 137
 
 
Gemeindevermögen >weiter>
147 112
 
147 112
 
 
Fraktionen, Ortschaften, Nachbarschaften
 
 
 
 
 
div. Ortschaften         >weiter>
341
 
341
 
 
Alps-Interessentschaft
Simmering                >weiter>
1 999 196
 
1 999 196
 
 
 
 
 
 
 
 
An AG verschobenes Gemeindegut
 
 
 
 
 
AG mit atyp. Gemeindegut
 
 
 
 
 
Barwies                    >weiter>
 
2 648 932
2 648 932
 
 
Fronhausen-Gschwendt             >weiter>
 
2 945 849
2 945 849
 
 
Feldernalpe              >weiter>
 
2 044 086
2 044 086
 
 
Obermieming            >weiter>
 
8 648 703
8 648 703
 
 
See-Tabland-Zein  >weiter>
 
3 596 323
3 596 323
 
 
Seebenalpe              >weiter>
 
8 905 681
8 905 681
 
 
Untermieming           >weiter>
 
3 974 869
3 974 869
 
 
 
 
 
 
 
 
AG auf Gemeindegut gebildet
 
 
 
 
 
Marienberg               >weiter>
 
1 617 321
 
 
1 617 321
Bäuerl. Miteigentum
 
 
 
 
 
 
 
0
 
0
 
Gemischtes Eigentum
 
 
 
 
 
 
0
 
 
 
 
Gesamt
6 135 786
34 381 763
38 900 228
0
1 617 321

Navigation:
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Im Teilbereich können Sie die einzelnen Einlagezahlen unter link zum Grundbuch aufrufen, entweder den aktuellen Bestand, z.B. in Untermieming 80103-67 oder eine Kopie des historischen Hauptbuches, z.B. 80103-67a.
Weitere Dokumente werden im darunterstehenden Text angeführt und direkt verlinkt.

Erläuterungen:

1. Block
Gemeinde-Gebietskörperschaften

Dieser Teil umfaßt jene Einlagezahlen, die im Eigentum der Gemeinde stehen bzw. wo die Gemeinde entsprechend den Überleitungsgesetzen nach Auflösung der Fraktionen, Nachbarschaften und Ortschaften Rechtsnachfolger sein muss.
Es ist seit 1945 eine gesetzgeberische Baustelle des Landes Tirol, dass die grundsätzlich festgelegte Rechtsnachfolge nicht durch geeignete Gesetze oder Verordnungen den Weg ins Grundbuch gefunden hat.
Die Absicht war eindeutig: die Landesverwaltung wollte mit Regulierungen im Trüben fischen.

Ein Musterbeispiel dafür ist die Plattigparzelle in der Zeile Gemeindegut mit landwirtschaftlichen Dienstbarkeiten. Nach einem grundlos durch die AG Obermieming angezettelten Rechtsstreit entschied in diesem Jahr der Landesverwaltungsgerichtshof ganz klar. Grundlos deshalb, weil die Rechtsnachfolge von Fraktionen zu diesem Zeitpunkt schon mehrfach und eindeutig ausjudiziert war. Was auch allen Beteiligten samt rechtsfreundlicher Beratung eigentlich bekannt sein mußte.
>>Erkenntnis LVwGH 2014 Fraktion Obermieming>>

In der Zeile div. Ortschaften sind jene EZ eingetragen, die offensichtlich bewußt nicht dem Eigentum der Agrargemeinschaften zureguliert wurden. Es sind die Kapellen in den einzelnen Ortsteilen. Das sind viele kleine Baustellen im obigen Sinne.

In der Zeile Alp-Interessentschaft Simmering ist ein altes Gemeinschaftseigentum von Fraktionen der Gemeinden Obsteig, Mötz und Mieming angeführt. Auch das ist eine Baustelle im obigen Sinn, die Rechtsnachfolge aller Fraktionen wäre klar.

2. Block
An Agrargemeinschaften verschobenes Gemeindegut
Hier werden alle Agrargemeinschaften angeführt, die aus ursprünglichem Gemeindegut der Gemeinde bzw. ihren Fraktionen entstanden sind.
Für Barwies, Fronhausen-Gschwendt, Feldernalpe, Obermieming, See Tabland Zein, Untermieming und Seebenalpe ist entschieden, dass es sich um Gemeindegut handelt, das in atypischer Weise im bücherlichen Eigentum einer Agrargemeinschaft steht.
Im Fall Marienbergalpe wurde unverständlicherweise auf nicht Gemeindegut entschieden, obwohl auch hier mehrheitlich Fraktionseigentum von ehemaligen Fraktionen der Gemeinden Obsteig und Mieming vorlag. Zur Grundbuchanlegung wurde hier gemischtes Eigentum von einigen Fraktionen und von vier Stammsitzliegenschaften der beiden Gemeinden festgestellt. Durch die Regulierung wurden die Fraktionen in einzelne Stammsitzliegenschaften umgeschrieben, die vorgegebene Rechtsnachfolge blieb unberücksichtigt bzw. wurde missachtet.

3. Block

Bäuerliches Miteigentum
Auf rund 1.500 km² der Landesfläche wurde bei der Grundbuchanlegung bäuerliches Miteigentum eingetragen. In Mieming gibt es keinen derartgen Fall.

4. Block

Gemischtes Eigentum
Zur Grundbuchanlegung wurde in Tirol verschiedentlich gemischtes Eigentum von einigen Fraktionen und von Stammsitzliegenschaften festgestellt. Es wurde meist ohne Berücksichtigung der eindeutigen Rechtsnachfolge in Agrargemeinschaften übergeführt. In Mieming entsprach die Marienbergalpe diesem Kriterium und wurde mit fragwürdigen Entscheidungen in eine Agrargemeinschaft umgewandelt.


Regulierungsbilanz

Der Gemeinde Mieming und ihren Fraktionen waren zum Zeitpunkt der Grundbuchanlegung 40,517549 km² zugeschrieben.
Ein geringer Teil davon ist Eigentum von Fraktionen der Gemeinden Obsteig und Mötz, lässt sich aber leider wegen fehlender Anteile nicht herausrechnen. Das ist für die Gesamtrelationen ohne Belang.
 
34,381763 km² also rund 85% der Gesamtfläche wurden der Gemeinde durch die Regulierungen rechtswidrig und verfassungswidrig genommen.

1,999537 km² also rund 5% der Gesamtfläche sind noch immer als Fraktions- oder Ortschaftseigentum im Grundbuch eingetragen. Die Sachlage ist für den rechtsunkundigen Bürger daher unklar. Die Landesverwaltung ist seit fast 70 (!!!) Jahren, seit dem Inkrafttreten der Überleitungsgesetze,  säumig.

3,697984 km² ehemaligen Fraktionsgutes, rund 9% der Gesamtfläche, wurden der Gemeinde endgültig erst 2014 durch den LVwGH zugesprochen. Diese Initiative des GR Ulrich Stern wurde vom Bürgermeister Dr. Dengg eher zurückhaltend, jedenfalls ohne Rechtsbeistand, verfolgt. Ein Dank der Gemeinde an GR Stern ist bisher ausgeblieben.

Der Rest von ungefähr 1% der Gesamtfläche ist reines Gemeindevermögen.


Grundsätzliches zur Grundbuchanlegung

Waldzuweisungskommissionen

Grundlage
für das Eigentum der Gemeinden und Fraktionen war das Waldzuweisungspatent vom 6. Februar 1847 und seine Umsetzung
mit Hilfe der „Instruction   … k.k. Waldzuweisungs-Commission“.
§ 19 der Instruktion zufolge ist „die Verhandlung wegen Waldübergabe daher in der Regel mit jeder dermal bestehenden „politischen Gemeinde“ abgesondert zu pflegen.
Gemeinde-Fraktionen, welche im Jahr 1847 selbständige Gemeinden waren, und bei ihrer Vereinigung mit der politischen Gemeinde, zu der sie jetzt gehören, ihre abgesonderte Vermögensverwaltung behielten, können die abgesonderte Verhandlung und Zuweisung von Wäldern in ihr ausschließliches Eigenthum begehren. Sie sind in der Verhandlung und in den Zuweisungsurkunden als „Gemeinde N.N., derzeit als Fraktion zur politischen Gemeinde N.N. gehörig“ zu bezeichnen.“
>>Dienstinstruktion>>
>>Hirngespinst Bauerngemeinde>>
Die k.k. Verwaltung hat sehr präzise und rechtsstaatlich gearbeitet. Ein Standard, den man dem Land Tirol heute nur wünschen kann.

Grundbuchanlegungskommissionen

Die Arbeit der
Grundbuchanlegungskommissionen hat auf obigen Grundlagen aufgebaut.
Die Verordnung der Ministerien für Justiz, des Ackerbaues und der Finanzen vom 10. April 1898 definiert bereits im Einleitungssatz des § 34 die zwei Möglichkeiten der Zuordnung des Eigentums.
„Zwischen bloßen Nutzungsrechten am Gemeindegute und Eigenthumsrechten ist sorgfältig zu unterscheiden.“

Die Eintragung der Eigentumsrechte, im Wesentlichen immer Miteigentumsrechte, ist exakt beschrieben:
„Sobald sich die Quoten des Miteigenthumsrechtes nicht bestimmen lassen, insbesondere in dem Falle, dass jeder berechtigte Hof nur nach Maßgabe seines wirtschaftlichen Bedürfnisses nutzungsberechtigt ist,  muss  das Eigenthum für eine juristische Person, z.B. die Nachbarschaft N., bestehend aus diesen und jenen bestimmt anzuführenden geschlossenen Höfen, eingetragen werden.“

Also, es gab nur zwei Möglichkeiten der Eintragung, da nur zwischen bloßen Nutzungsrechten am Gemeindegute einerseits oder Miteigentum am Besitz selber andrerseits unterschieden wird. Bei Hinzufügung und Eintragung der Miteigentumssituation im Grundbuch ist der Name der juristischen Person für die rechtliche Einordnung gar nicht mehr weiter von Bedeutung.

Der jeweiligen Eintragung lag ein Beschluss der Grundbuchanlegungskommission unter Leitung eines vom OLG nominierten Richters zu Grunde, der in den Grundbuchanlegungsprotokollen wiedergegeben ist. Dies war keinesfalls, wie vielfach behauptet, die Einzelentscheidung eines einzelnen Grundbuchbeamten.
Nach Durchsicht von 2.346 agrarisch genutzten Einlagezahlen in allen Grundbuchgerichten Tirols kann man feststellen, dass diese Verordnung ohne jeden Abstrich penibelst umgesetzt wurde.
Wesentlich war, wie im § 34 als „Muss“-Bestimmung vorgesehen, wenn möglich durch geeignete Urkunden die Feststellung einer Miteigentumsquote, wenn nicht, dann Vorgabe einer Bezeichnung, einer juristischen Person, und Eintragung der berechtigten geschlossenen Höfe. Die Bezeichnung als „Interessentschaft“ oder „Nachbarschaft“ oder „Fraktion“ war für die Eintragung von Miteigentumsrechten im Grundbuch ohne Bedeutung. Der § 34 wurde von den Grundbuchanlegungskommissionen fehlerfrei umgesetzt.

Fazit
Es gab bei der Grundbuchanlegung für die Unterscheidung der Eigentumsrechte nur zwei Möglichkeiten:
  • entweder Feststellung und Eintragung als Gemeindegut, Fraktions-, Nachbarschafts- oder Ortschaftsgut, in Rechtsnachfolge jedenfalls Gemeindegut
  • oder Feststellung und Eintragung als Miteigentumsgemeinschaft, bereits festgelegt in urkundlich nachgewiesenen Anteilsquoten einzelner Stammsitzliegenschaften, oder unter dem Namen einer juristischen Person, z.B.Nachbarschaft, mit der zwingend vorgegebenen Anführung der anteilsberechtigten Stammsitzliegenschaften
  • und, es gab keine einzelnen Beamtenentscheidungen, sondern Kommissionsentscheidungen unter richterlicher Leitung.
Gemeinde, Fraktion und Nachbarschaft als gemeinderechtliche Begriffe wurden in der frühen Judikatur bereits sehr klar beschrieben und beurteilt.

Die beiden dargelegten Varianten waren durch Grundbuchanlegungsverordnung vorgegeben und sie wurden genauestens eingehalten.

1.531 km² wurden von den Grundbuchanlegungskommissionen für bäuerliche Miteigentumsgemeinschaften in den Grundbüchern eingetragen. Es kann niemand behaupten, dass die Bauern bei diesem Vorgang benachteiligt worden wären.

Die Kommissionen des OLG Innsbruck haben die Eigentumsfragen unter Anhörung der Betroffenen sowie deren Standesvertretern entschieden und die Entscheidung in einem Grundbuchanlegungsprotokoll niedergelegt. Diese Protokolle sind die Basis für die Grundbucheintragungen.

Als Beispiel dazu ein Auszug der Grundbuchanlegungsprotokolle Untermieming – Transskription:

Protokoll
aufgenommen über die gemäß dem Landesgesetze vom 17. März 1897, Nr. 9, behufs Anlegung des Grundbuches der Katastralgemeinde Mieming im Gerichtsbezirke Silz vorzunehmenden Erhebungen.
Tag und Ort des Beginnes der Erhebungen:
6. April 1910 im Gasthofe zum Stern in Mötz
Gegenwärtige:
der k.k. Grundbuchanlegungskommissär
k.k. Bezirksrichter Dr. Hans Bitschnau
k.k. Kanzleioffiziant Anton Wegleiter
Die von der Gemeindevertretung gewählten Auskunfts und Vertrauensmänner:
Johann Thaler, Alois Kluibenschädl, Johann Schneider, Alois Höpperger, Alois Schennach, Josef Sonnweber, Josef Dietrich, Nikolaus Spielmann, Dismas Kluibenschädl, Johann Krabacher, Josef Kopp
Der k.k. Evidenzhaltungsfunctionär k.k. Geometer Josef Santer
Der Gemeindevorsteher Johann Sonnweber
der Vertreter der Bezirksgenossenschaft der Landwirte Leonhard Raffl.

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