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TT: Selbstmitleid und Halbwahrheiten, Steixner ist enttäuscht über Kritik aus eigenen Reihen

Tiroler Tageszeitung, Printausgabe vom Sa, 08.10.2011
Steixner ist enttäuscht über Kritik aus eigenen Reihen
Seine Funktion als Bauernbundobmann will Anton Steixner nicht zurücklegen. In Sachen Agrar zeigt er Unverständnis für die Hardliner.

 
TT: Einige der Hardliner unter den Agrargemeinschaften haben sich zur Agrar West zusammengeschlossen. Wie groß ist die Kluft zwischen den Bauern?
 
Anton Steixner: Der größte Teil der Bauernschaft ist dafür, dass das Erkenntnis des Höchstgerichtes umgesetzt wird. Ein harter Kern sorgt für Unruhe, beraten von einem Anwalt, der die Hardliner glauben macht, dass man Höchstgerichtsurteile noch umdrehen kann. Diese Gruppe kann ich nicht unterstützen – egal, ob ich nun in der Regierung sitze oder nicht.

Anmerkung: Das mit dem harten Kern, beraten von einem Anwalt, ist, wie immer, bestenfalls die halbe Wahrheit. Sein Bauernbund hat in der Sonderausgabe Agrargemeinschaften I/08 die Funktionäre des Bauernbundes mit jenem Unsinn "aufmunitioniert", den der beratende Anwalt heute noch vertritt und der ihm einen "Bauchfleck" nach dem anderen bei den Höchstgerichten beschert hat.
 
 
 
Sie sind Bauernbundobmann und Landesrat und dadurch in der Zwickmühle. Würde es aus Ihrer Sicht Sinn machen, die Funktion im Bauernbund zurückzulegen?
 
Steixner: Natürlich denkt man über alles nach. Der Bauernbund ist meine Wurzel. Solange ich politisch tätig bin, werde ich diesen Bereich immer vertreten. Da macht es nicht viel Unterschied, ob ich beide oder nur eine Funktion ausübe.

In der Zeitung des Bauernbundes stand ein scharfer Kommentar. Da fielen die Worte Knecht und Hausmeister. Hat Sie das geärgert?
 
Steixner: In der Wortwahl sollte man sich zurückhalten. Es gibt Scharfmacher auf beiden Seiten. Der Begriff des atypischen Eigentums ist noch neu. Die Agrargemeinschaften stehen weiter im Grundbuch, der gewerbliche Ertrag gehört den Gemeinden. Das kann man nur gemeinsam umsetzen. Es ist auch nicht so, wie Gemeindeverbandschef Ernst Schöpf sagt, dass außer dem Holz für den Eigenbedarf den Bauern nichts mehr gehört.
 
Anmerkung: Sein Bauernbund vergreift sich ständig in der Wortwahl. Sei es der Kommunismusvorwurf an alle jene, die das Unrecht bekämpfen und auch Recht behalten haben, sei es die Vernaderung der VfGH-Erkenntnisse als "rechtstheoretische Entscheidungen ohne Praxisbezug" durch Raggl, sei es das Wort "Justizputsch", das nach Mieders 2008 von Hofinger in der Bauernzeitung in die Diskussion geworfen wurde. Die "starken" Worte in der Öffentlichkeit sind nicht unbedingt Steixners Sache. Er hält es mehr mit Teilwahrheiten und Verdrehungen.  

Es ist nicht so,
daß nur der gewerbliche Ertrag den Gemeinden gehört. Den Gemeinden gehört alles, was über die Nutzungsrechte der bezugsberechtigten Liegenschaften hinausgeht. Von den Höchstgerichten wurde ihm dies mittlerweile schon im Dutzend mitgeteilt, er aber behauptet noch immer den gleichen Unsinn.

Im heiligen Tirolerland in Bauernhand sollte er den Bibelspruch kennen: „Ihr Halsstarrigen, mit verstockten Herzen und tauben Ohren, ihr widerstrebt allezeit dem heiligen Geist, wie eure Väter, so auch ihr.“ Apostelgeschichte 7,51


Sie haben sich ein Leben lang für die Interessen der Bauern eingesetzt. Nun hagelt es Kritik. Sind Sie auch persönlich enttäuscht?
 
Steixner: Ich bin schwer enttäuscht. Es ist nicht lustig, wenn einem von den eigenen Leuten der Vorwurf gemacht wird, zu wenig für die Interessen der Bauern zu tun.
 
Anmerkung: Er selbst hat die Erwartungen so hoch angesetzt, dass er sie nicht erfüllen kann. Er hat selbst den Menschen jahrzehntelang das bereits 1982 klar erkannte Unrecht als "das alte Recht der Bauern" eingeredet. Die Menschen wenden sich vom falschen Propheten ab..
 
2013 stehen Landtagswahlen an, werden Sie noch einmal kandidieren?
 
Steixner: Ich arbeite mit voller Kraft. Ich habe den Willen, weiterzumachen.

Nun werden Anwälte als Sachwalter eingesetzt. War es schwierig für Sie, dem zuzustimmen?
 
Steixner: Nein, eigentlich nicht. Den Hardlinern gehört ordentlich auf die Finger geklopft. Dass die Gemeinden die Agrargemeinschaft verwalten sollen, steht aber auch nicht in der Erkenntnis des Höchstgerichtes.
 
Anmerkung: Wieder so eine Halbwahrheit. Es ist nicht Sache des VfGH organisatorische Fragen wie die Art der Verwaltung zu bestimmen. Das wäre Aufgabe des Landesgesetzgebers. Davor drücken sich jedoch Steixner und sein Bauernbund. Unbrauchbare Gesetzesnovellen sind die Folge, schon 2006 – wer erinnert sich noch an den hochgepriesenen Unfug der einzurichtenden Schlichtungsstelle? - und nun 2010.
Ausgerechnet für seine Heimatgemeinde Mutters hat der VwGH darauf hingewiesen, daß Gemeindegut nach der Tiroler Gemeindeordnung vorliegt. Alle diesbezüglichen Zuständigkeiten einer Agrargemeinschaft oder Agrarbehörde schränken die verfassungsrechtlich garantierten Gemeindeautonomie ein.
Der VfGH sagte in Mieders II ganz eindeutig, daß die Gemeinden die alleinige Dispositionsbefugnis zu den Substanzwerten, zu ihrem Eigentum, haben und dass den Nutzungsberechtigten dazu kein Recht zukommt. Genau diese grundsätzliche Klarstellung hätte die Landesregierung auf gesetzlicher Ebene zu lösen.

Das Thema Agrargemeinschaften wird die ÖVP wohl auch noch bei den Landtagswahlen 2013 quälen.
 
Steixner: Die Lösung der Frage wäre auf dem Papier gar nicht so kompliziert. Ich glaube, dass es unter dem Strich um einen Betrag geht, der sicher unter 10 Millionen Euro liegt. Das ist für die Agrargemeinschaften verkraftbar und für die Gemeinden keine neue Welt.
 
Anmerkung: Es ist nichts kompliziert und unterm Strich geht es vor allem um den Rechtsstaat. Der Landesgesetzgeber hat alle Möglichkeiten. Es fehlt nur der politischer Wille des Bauernbundes. Es ist Teil seiner bekannten Verhinderungspolitik, selbst als Regierungsmitglied Gutachten des weisungsgebundenen Landesverfassungsdienstes zu beauftragen, die jede weitere Gesetzesnovellierung fälschlicherweise als verfassungswidrig bezeichnen.

Es spießt sich aber noch bei der Frage des Überlings aus der Holzwirtschaft und bei der Jagdpacht. Da geht es um sehr viel Geld.
 
Steixner: Zehn von 250 Agrargemeinschaften haben gewerbliche Einnahmen. Die gehören den Gemeinden, das ist klar. Die große Frage ist, was mit dem Holz passiert. Wenn das so kommen sollte, dass nur für die Haus- und Hofstelle erwirtschaftet werden kann, dann würde das alles verändern. Dann geht die Verwaltung aber auch die Bewirtschaftung von der Agrar auf die Gemeinde über.
 
Anmerkung: Es gibt keine Frage, was mit dem Holz passiert. Das ist seit Jahrhunderten mit Nutzungsrechten geregelt und niemand will das verändern.
Nochmals: Was über die Nutzungsrechte der bezugsberechtigten Liegenschaften hinaus geht, steht den Gemeinden zu und wenn eine bezugsberechtigte Liegenschaft kein aktiver Bauernhof mehr ist, dann erlöschen die Nutzungsrechte klarerweise. Steht so auch im TFLG.
Die Frage der Jagdpacht hat erst der LAS erfunden. Sogar sein Parteifreund Klubobmann Geisler hat sich darüber gewundert.
 
 

Sie glauben, die Gemeinden tun sich nichts Gutes?
 
Steixner: Das wird sich für die Gemeinden nicht rechnen. Die Kosten werden den Nutzen übersteigen. Das sieht man bei der Agrargemeinschaft in Sölden. Deren Obmann ist Bürgermeister Ernst Schöpf und obwohl die Agrar Geld für die Nutzung der Skipisten bekommt, steht sie mit 100.000 Euro im Minus.
 
Anmerkung: Die Frage des Gemeindegutes in Tirol ist eine Rechtsfrage. Die Höchstgerichte lassen sich nicht von betriebswirtschaftlichen Überlegungen leiten. Die außerdem, so pauschal gesagt, völlig falsch sind. Dieser Gedanke, den auch "Hardliner" Danzl verbreitet, dient nur der Volksverdummung und wird auch nicht besser, wenn er vom Bauernbundchef selbst aufgenommen wird.
 

Das Gespräch führten Anita Heubacher und Peter Nindler