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TT: Abspaltung ist vom Tisch, die Agrar West nicht

Tiroler Tageszeitung, Printausgabe vom Mi, 19.10.2011
Abspaltung ist vom Tisch, die Agrar West nicht
 
Bauernbundobmann Toni Steixner: „Die Situation ist für einige Agrarier nicht einfach, aber es gibt kein Zurück hinter die Erkenntnisse.“ Das Foto von Böhm zeigt ein Bild von Anton Riser, dem kommenden Obmann des Agrargemeinschaftsverbandes West.
 

Von Peter Nindler
Mieming – Der VP-Bauernbund eint die bäuerlichen Funktionäre, die Agrargemeinschaftsfrage trennt doch viele von ihnen. Vor allem im Oberland und speziell am Mieminger Plateau. Nach der ersten Aussprache mit den Bauern in Mieming zieht Bauernbundobmann LHStv. Toni Steixner (VP) ein zwiespältiges Resümee. „Es wurde klar, dass der Bauernbund die Interessen der Bauern am besten vertreten kann, eine Spaltung würde ihn schwächen und die politischen Gegner stärken.“ In der Agrargemeinschaftsfrage gehen die Fronten jedoch auseinander.
Für Steixner kann es kein Zurück hinter die Höchstgerichtserkenntnisse geben. „Für einige ist das schwer zu akzeptieren, aber Verzögerungen bringen nichts und machen uns angreifbar.“ Steixner appellierte an die 100 Anwesenden, dass einvernehmliche Lösungen mit den Gemeinden angestrebt werden sollen. Letztlich habe er erfahren, „dass es noch viel Informationsbedarf zu den Gemeindegutsagrargemeinschaften gibt. Deshalb sind solche Veranstaltungen wichtig.“
Von einer sachlichen, aber harten Auseinandersetzung spricht der Bauernbundobmann von Mieming, Benedikt van Staa. „Trotz der Debatten im Vorfeld haben die Bauern Geschlossenheit mit dem Bauernbund demonstriert.“
Toni Riser, der am 5. November zum Obmann des Agrargemeinschaftsverbandes West gewählt werden soll, fährt als Wortführer der kritischen Agrarfunktionäre schwere Geschütze auf. „Wir bleiben natürlich beim Bauernbund, kämpfen aber für unsere Rechte.“ Man lasse sich nicht in die Leibeigenschaft zurückpfeifen, „die Gemeinden waren niemals Eigentümer des Gemeindeguts. Wir haben das moralische Recht auf unserer Seite.“
Für Riser hat sich die Judikatur offensichtlich über geltende Gesetze erhoben und das Land enteigne per Gesetz Bauern und Waldeigentümer. „Entscheidungen der Höchstgerichte anzuerkennen und umzusetzen ist uns selbstverständlich. Auch dann, wenn wir diese als einseitig und ungerecht empfinden.“ Riser glaubt jedoch, dass man einmal Recht bekommen werde. „Und dann werden wir Rückforderungen stellen.“
Der Agrarverband West möchte die Agrarmitglieder dazu motivieren, weitere Feststellungsverfahren in die Wege zu leiten. „Es geht darum, dass unsere Anteilsrechte unantastbar sind.“

Anmerkung:
Nach über zwei Dutzend höchstgerichtlichen Erkenntnissen ist es schwierig, nicht von selektiver Wahrnehmung Risers zu sprechen.


Einige ausgewählte Postings:
Georg Danzl 19.10.2011 18:01
Sehr geehrter Herr Hye, sie stellen laufend das Recht auf Sicherheit von Besitz und Eigentum in Frage.
Dieses Recht ist in jedem demokratisch geführtem Land auf dieser Welt verankert. Bis heute hat noch keine einzige Gemeinde eine Besitzurkunde vorlegen können, welche besagen würde, dass sie etwas geerbt, gekauft oder geschenkt bekommen hätte. Eine kurzfristige Verwaltung sagt nicht aus, dass Eigentum erworben wurde.
Was die Höchstgerichte betrifft haben sie sich über ein Landesgesetz hinweggesetzt welches besagt, dass bei einer Regulierung der historische Eigentümer festzustellen war.
Was das Anteilsrecht betrifft setzt sich die Landesregierung über ein Bundesgesetz hinweg. Die Mahnung vom Bundeskanzleramt habe ich ihnen schon einige male vorgelegt.
Der Obmann des AGVW sagt lediglich was Sache ist.
 
Günther Hye 19.10.2011 19:17
Sehr geehrter Herr Danzl!
Ich stelle nichts in Frage, sondern ich stelle fest: Die politischen Gemeinden sind bis zu den offenkundig verfassungswidrigen Gemeindegutsregulierungen die Eigentümer des Gemeindegutes gewesen. Das können Sie in jedem Regulierungsplan nachlesen.
Der Verfassungsgerichtshof hat entschieden, dass das Gemeindegut durch die rechtsgrundlose Eigentumsübertragung an die Agrargemeinschaft nicht untergegangen ist. Vielmehr ist dadurch Gemeindegut entstanden, "das nun atypischerweise im gemeinsamen Eigentum der Gemeinde und der Nutzungsberechtigten steht und als Agrargemeinschaft organisiert ist". (VfGH zur AG Mieders, 11.6.2008, B 464/07-30).
Innerhalb der Agrargemeinschaft, der die Gemeinde als Mitglied angehört, gilt, dass der Substanzwert des Gemeindegutes der Gemeinde zusteht. Die übrigen Nutzungsberechtigten haben Anspruch auf die historischen Holz- und Weiderechte, die mit dem Haus- und Gutsbedarf begrenzt sind (§ 70 TGO 2001).
Die von Ihnen wiederholt ins Treffen geführte Rechtsauffassung des Bundeskanzleramtes ist spätestens seit dem Urteil des VfGH vom 28. Februar 2011 zu B 1645/10-9 betreffend die AG Mieders widerlegt. Dort ist festgehalten: „Die beschwerdeführende Agrargemeinschaft vernachlässigt in ihrer gegenteiligen Argumentation den Umstand, dass der Substanzwert ausschließlich der Gemeinde zusteht (vgl. bereits VfSlg. 18.446/2008). Die übrigen Mitglieder der Agrargemeinschaft verfügen demgegenüber in Ansehung des Substanzwerts über keinerlei Rechte.“
Im Übrigen darf ich Sie auf das gewaltenteilende Prinzip in der Bundesverfassung aufmerksam machen, wonach die Staatsgewalten Gesetzgebung, Verwaltung und Gerichtsbarkeit getrennt sind und sich gegenseitig kontrollieren. Zur Kontrolle der Verfassungs- und Gesetzmäßigkeit der Verwaltung sind der Verfassungsgerichthof und der Verwaltungsgerichtshof berufen. Es liegt auf der Hand, dass auf deren Entscheidungen das BKA keinen Einfluss nehmen kann.
Mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Ich würde Ihnen allerdings sehr empfehlen, die VfGH und VwGH Erkenntnisse zu lesen bzw. sich deren Inhalt erläutern zu lassen. Offenbar sind Sie diesbezüglich nicht auf dem letzten Stand.
Mit freundlichen Grüßen!
Dr. Günther Hye
 
Christian Sch 19.10.2011 17:16
Sehr geehrter Herr Hye,
mit der Wahrheit nehmen sie es anscheinend nicht so genau.Verleumden sie nicht weiter tausende Agrargemeinschaftsmitglieder!
Den Mitgliedern gehört der Grund der AGM schon seit jahrhunderten.
Ihre Volksverblödung können sie den Kindergartenkindern erzählen!
 
Günther Hye 19.10.2011 19:20
Sehr geehrter Herr Sch!
Ich verleumde niemanden. Im Gegenteil, ich versuche Aufklärungsarbeit zu leisten, weil ich sehe, dass die Agrargemeinschaftsmitglieder von ihren eigenen Funktionären einseitig und unsachlich informiert werden. Dadurch werden Erwartungen geweckt, die nicht zu erfüllen sind.
Das heutige Muskelspiel des Agrar West Obmannes wird genau so verpuffen wie ähnliche Äußerungen des Obmannes der Plattform Agrar oder die zahllosen Beiträge in der Tiroler Bauernzeitung (wie z.B. „rechtstheoretische Entscheidung ohne Praxisbezug“).
Es ist schlichtweg ein Unsinn zu behaupten, die Gemeinden wären niemals Eigentümer des Gemeindegutes gewesen. Wahr ist vielmehr, dass die Gemeinden bis zu den offenkundig verfassungswidrigen Gemeindegutsregulierungen die Eigentümer des Gemeindegutes gewesen sind. Das können Sie in jedem Regulierungsplan nachlesen.
Der Verfassungsgerichtshof hat entschieden, dass das Gemeindegut durch die rechtsgrundlose Eigentumsübertragung an die Agrargemeinschaft nicht untergegangen ist. Vielmehr ist dadurch Gemeindegut entstanden, "das nun atypischerweise im gemeinsamen Eigentum der Gemeinde und der Nutzungsberechtigten steht und als Agrargemeinschaft organisiert ist". (VfGH zur AG Mieders, 11.6.2008, B 464/07-30).
Innerhalb der Agrargemeinschaft, der die Gemeinde als Mitglied angehört, gilt, dass der Substanzwert des Gemeindegutes der Gemeinde zusteht. Die übrigen Nutzungsberechtigten haben Anspruch auf die historischen Holz- und Weiderechte, die mit dem Haus- und Gutsbedarf begrenzt sind (§ 70 TGO 2001).
Mit freundlichen Grüßen!
Dr. Günther Hye

Günther Hye 19.10.2011 | 14:36
In der Agrardebatte ist man ja schon einiges gewohnt. Aber die Realitätsverweigerung des Obmannes des neuen Agrargemeinschaftsverbandes West wird nur noch durch dessen Präpotenz übertroffen.
Mit der Unterstellung, die Höchstgerichte würden sich offensichtlich über geltende Gesetze erheben, wirft er den Richtern am Verfassungsgerichtshof und den Richtern am Verwaltungsgerichtshof nichts anderes vor als Amtsmissbrauch. Das ist letztklassig.
Auch der Hinweis auf den Rückfall in die Leibeigenschaft, wenn es darum geht gleichheitswidrige Privilegien abzuschaffen, wirft ein wenig schmeichelhaftes Licht auf das offenbar unterentwickelte Republik- und Demokratieverständnis des Obmannes. Geburts- und Standesvorrechte sollten ein für allemal der Vergangenheit angehören.
Es wird das Geheimnis des Agrar West Obmannes bleiben, wie man im gleichen Atemzug „moralische Rechte“ für sich einfordern kann. Wer eine Sache, die einem anderen gehört, nicht herausgibt, der hat weder die Moral noch das Recht auf seiner Seite.