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Tiroler Gemeindezeitung: Bürgermeistertag auf der Herbstmesse 2011

Bürgermeistertag auf der Herbstmesse 2011
Die Tiroler Gemeinezeitung berichtet in ihrer jüngsten Ausgabe über den traditionellen Bürgermeistertag bei der Innsbrucker Herbstmesse. Gemeindeverbandspräsident Mag.Ernst Schöpf und LH Günther Platter gehen in ihren Reden auch auf die Agrargemeinschaftsproblematik ein. Mit unterschiedlichen Positionen.


Schöpf: ...
Falsch sind für Schöpf auch einige Dinge, die im Nachklang zum Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes in Sachen Gemeindegutsagrargemeinschaft Mieders im Jahr 2008 passiert sind.
Einige Regelungen, die getroffen wurden, sind sehr gut. Aber es existieren eben auch gewisse Konstruktionsfehler. In der Frage, wer die Gemeindegutsagrargemeinschaften verwalten soll, gibt es zum Beispiel zwei Positionen.
Wir für unseren Teil stellen klar:
Die Gemeindeorgane müssen auch das Gemeindegut verwalten. Einige sind, was diesen Standpunkt angeht, skeptisch.
Ich aber sage: Der Zweifel am Sieg rechtfertigt nicht die Aufgabe des Kampfes. Fakt ist: Es gab verfassungswidrige Eigentumsverschiebungen. Und nun ist es höchst an der Zeit, dass in dieser Sache Recht und Ordnung geschaffen werden. Ob das dadurch erreicht wird, indem Sachwalter über das Land geschickt werden, sei dahin gestellt.“

Schöpf hat zweifelsohne recht, wenn er die Tätigkeit der Sachwalter in Frage stellt.
Es ist sicher die teuerste Lösung, wenn nur eigens eingestelltes Sonderpersonal ein mangelhaftes Gesetz zur Durchführung bringen kann.

Man stelle sich vor, der Bund würde so in Steuerrechtsfragen agieren. Erschwerend kommt dazu, dass die Sachwalter in Steixners Einflußbereich handverlesen besetzt werden. Vertrauen kann nicht angesagt sein.


LH Platter setzt auf Sachwalter
"Eben diese Sachwaltersind für Landeshauptmann Günther Platter aber unumgänglich. 
Für das von uns beschlossene Gesetz haben wir den Ritterschlag des Verfassungsgerichtshofes bekommen. Aber das beste Gesetz muss auch durchgesetzt werden. Dafür braucht es die neutrale Person eines Sachwalters“, erklärte Platter deutlich und fügte an: „In dieser Sache müssen, daran gibt es keinen Zweifel, die Gemeinden zu ihrem Recht kommen. Gleichzeitig dürfen die Agrargemeinschaften aber nicht zerschlagen werden."

Jeder Kramer lobt sei War'. Oder auch "öffentliches Schönreden" eines Desasters ist angesagt.
Von einem "Ritterschlag" des VfGH zu reden, ist reichlich übertrieben. Der VfGH weist im Erkenntnis Mieders II lediglich Gesetzesanfechtungen der Agrargemeinschaft Mieders zurück und sagt, dass die angefochtenen Bestimmungen der Novelle sachlich gerechtfertigt und verfassungskonform sind. Das ist wohl das Mindestmaß für jedes Gesetz und jede Novelle.
Die Tiroler Landesverwaltung hat vom VfGH und auch vom VwGH mehrere Schläge bekommen. Diese sind aber kaum mit "Ritterschlag", sondern besser mit "schallende Ohrfeigen" zu beschreiben.
Als Beispiel sei nur die vom VfGH beanstandete "objektive Willkür" des LAS genannt. Ein ehrbewußter Behördenleiter in der k.k. Monarchie hätte sich nach diesem Befund an seinem Schreibtisch im Amt erschossen. Bei Sponring sah das anders aus.

Der Landeshäuptling spricht mit gespaltener Zunge:

Zuerst hat er die gesetzlich vorgesehenen Kontrollorgane der Gemeinde für die Substanzwerte des Gemeindegutes
ausser Kraft gesetzt.
Gesetzwidrig und gegen das gesprochene Recht des VfGH.
So heißt es in Mieders II:
"2.2.3.2. .... insbesondere auch die Kontrolle durch die substanzberechtigte Gemeinde ermöglichende Rechnungslegung verlangt."

Nun sollen "neutrale" Sachwalter von Steixners Gnaden für die Richtigkeit des agrargemeinschaftlichen Rechnungswesens sorgen. Denen man noch dazu in ihren Befugnissen alle Zähne gezogen hat.
Solange aber die Gemeinden nicht selbst prüfen können, ist das Ergebnis eine reine Glaubensfrage, bei meiner Ehr'.
Einerseits prüft die zur Aufsicht befugte Behörde nichts, bewährte Kontrollsysteme von Überprüfungsausschuss bis Gemeinderevision werden ausser Kraft gesetzt und andrerseits sollen "neutrale" Sachwalter für gesetzestreue Abwicklungen sorgen. Das erhöht nicht die Glaubwürdigkeit einer Politik, die "die Gemeinden zu ihrem Recht" kommen lassen soll.
Die im VfGH-Erkenntnis Mieders I festgestellte Verletzung des Eigentumsrechtes der Gemeinden verlangt nach Dispositions- und Kontrollrechten der Gemeinden und nicht nach Sachwaltern.

Die Existenzgarantie für die Agrargemeinschaften, die nicht zerschlagen werden dürfen, ist der Höhepunkt der Ausführungen.
Auf der bedeutendsten Wirtschaftsveranstaltung des Landes wirkt eine derartige Aussage realitätsfremd.
Er könnte ja auch sagen, Kneissl darf nicht zerschlagen werden, die Tirol-Milch darf nicht verscherbelt werden, Wirtschaftstreibende dürfen wegen möglicher Absatzprobleme nicht in Konkurs gehen und viele andere Beispiele mehr.
Eine Agrargemeinschaft ist kein Wert an sich, der höher zu schätzen wäre als die Existenz des dörflichen Kaufmanns, Elektrikers oder Installateurs.
Die Selbstverwaltung von Nutzungsrechten ist unbestritten und kann von der Wirtschaftsverwaltung einer Agrargemeinschaft völlig losgelöst gesehen werden.
Hoffentlich kann Herr Platter diese Sonderstellung der geschützten agrarischen Werkstatt der gesamten Tiroler Wirtschaft, vom lieben Parteifreund Bodenseer abwärts, erklären.
Er soll dabei daran denken, dass das VfGH-Erkenntnis 1982 den Gleichheitsgrundsatz der Verfassung als verletzt sah.