Aktuelles

Die Presse berichtet über VwGH-Erkenntnisse: Kern der Angelegenheit unzureichend dargestellt

Es ist grundsätzlich erfreulich, dass nun auch Die Presse sich dieser "causa prima im Land Tirol" stellt. Die Darstellung ist naturgemäß stark verkürzt, vielleicht auch deshalb sind einige Fakten nicht oder mißverständlich dargestellt.
>>zum Artikel>>


Die historische Seite:
In den 50er und 60er Jahren des 20. Jahrhunderts wurden weit über 2000 km² Grund mit Bescheiden der Agrarbehörde an eigens zu diesem Zweck gegründete Agrargemeinschaften übertragen. Der VwGH hat schon 1954 dazu eine ablehnende Entscheidung getroffen. 1962 hat der VfGH die Unzuständigkeit der Agrarbehörde und somit die Unrechtmäßigkeit dieses Tuns höchstgerichtlich festgestellt. 1982 hat der VfGH in einem richtungsweisenden Erkenntnis die Übertragung als Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz der Verfassung erkannt. 2008 hat der VfGH im zitierten Erkenntnis zu Mieders schließlich die rechts- und verfassungswidrige Übertragung zusätzlich noch als Verstoß gegen das Eigentumsrecht der Gemeinden bezeichnet.
Die Übertragungen waren also ein Vermögensdelikt, verübt von der Agrarbehörde im Auftrag der Landespolitik.
1954, 1962 und 1982 hat das Land Tirol nicht oder bestenfalls unzureichend auf die diversen Erkenntnisse reagiert. Man hat, so das öffentlich ausgesprochene Motto, "weitergemacht wie bisher". 
Erst unter dem Druck des VfGH-Erkenntnisses Mieders I hat der Landesgesetzgeber eine Gesetzesnovellierung vorgenommen. Diese war in der Praxis völlig ungeeignet, das vom Land verübte Unrecht richtig zu stellen.
Die Gemeinden haben nun immerhin die Möglichkeit, um ihr Recht zu kämpfen. Was naturgemäß hunderte Verfahren losgetreten hat. Ein kostenintensiver Verwaltungswahnsinn, ausgelöst vom Land Tirol.
Einige Verfahren sind bereits zu den Höchstgerichten gelangt und teilweise auch schon entschieden worden. Es gab seit Mieders I acht weitere Erkenntnisse des VfGH in dieser Sache, die grundsätzlich alle noch deutlicher ausfielen, insbesondere Mieders II im Februar dieses Jahres. Die erste Welle der VwGH-Entscheidungen hat nun Die Presse veranlasst, darüber zu berichten.
Die politische Seite:
Das Land Tirol dückt sich vor seiner alleinigen Veranwortung, das von ihm verübte Unrecht mit seinen milliardenschwerden Auswirkungen richtig zu stellen. Die tatsächliche Richtigstellung wurde auf komplexe, mehrinstanzliche Verfahren zwischen Gemeinden und Agrargemeinschaften abgewälzt.
Die Praxisuntauglichkeit der Gesetzesnovelle ist hinreichend durch die hohe Zahl der höchstgerichtlichen Verfahren beschrieben.  Seit 1982 mindestens 9 VfGH-Erkenntnisse, aktuell 15 VwGH-Entscheidungen und mindestens 40 weitere sind noch anhängig. Nicht nur das, das Land Tirol benimmt sich in vielen Detailfragen mit vielerlei Verwaltungstricks wie ein Interessenvertreter der Agrargemeinschaften.
Landesgesetzgeber und Landesverwaltung haben im Sinne des Rechtsstaates versagt.