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TT: Verschleppung in Musau - Land schaut tatenlos zu

Tiroler Tageszeitung, Printausgabe vom Fr, 06.05.2011
Reutte
 
Entscheidung zur Musauer Agrar seit Jahren verschleppt
Bürgermeister Sieghard Wachter reicht es: Seit 2008 wartet die Gemeinde auf ein Urteil. Auch der Landesagrarsenat lässt einfach Fristen verstreichen.
Von Helmut Mittermayr
Musau – Vor gut einem Jahr hat Bürgermeister Sieghard Wachter das Amt von seinem Vorgänger Franz Haid übernommen. Wachter wollte nach heftigen Auseinandersetzungen zwischen Gemeinde und Agrargemeinschaft die Gesprächsbasis wieder herstellen. „Das ist anfangs auch gelungen. Aber jetzt reißt mir wirklich der Geduldsfaden“, sagt er deutlich.
Denn findige Rechtsanwälte könnten jede Entscheidung verschleppen. Das Land schaue einfach zu, der Landesagrarsenat lasse selbst alle Fristen verstreichen. „Die Agrar Musau hat inzwischen schon mehr als 35.000 Euro an Anwaltskosten ausgegeben, die Gemeinde 9000. Wahrscheinlich leistet sich die Gemeinde hier zwei Anwälte“, spielt Wachter darauf an, wie das Verfahren für ihn nur ausgehen kann.
Die Vorgeschichte: Die Musauer Agrar hat vor allem Einnahmen aus Jagd und Musauer Alm. 2008 stellte die Gemeinde den Antrag auf ein Feststellungsverfahren, ob die Agrar aus Gemeindegut hervorgegangen sei. Im März 2009 hat die Agrarbehörde erstinstanzlich festgestellt, dass der Kommune einmalig 56.000 Euro zustehen und die Agrargemeinschaft Musau aus Gemeindegut hervorgegangen ist. Agrar wie Gemeinde beeinspruchten den Bescheid – seither herrscht Stillstand. Der damalige Landesagrarsenat hat die darauffolgende Entscheidungsfrist einfach verstreichen lassen. Der Anwalt der Agrargemeinschaft stellte deshalb im März 2010 einen Devolutionsantrag, die Causa wanderte zum obersten Agrarsenat nach Wien. Dieser blieb dann ebenfalls fast ein ganzes Jahr untätig und bat erst Ende Jänner 2011 um Stellungnahmen. Zwei Monate später hat die Musauer Agrar den Devolutionsantrag zurückgezogen, damit ist wieder der Landes­agrarsenat in Tirol zuständig. Was Sieghard Wachter zum Kochen bringt: „Selbstverständlich mit einer neuen Fristenregelung. Alles geht von vorne los. Monate werden verstreichen, Entscheidung gibt es keine. Wir stehen wieder am Stand von März 2009. Dabei hat sich der Gemeinderat festgelegt, jedes Urteil anzuerkennen. Aber es gibt keines.“
Dass die Agrar tun und lassen könne, was sie möchte, will er an einem anderen Beispiel verdeutlichen. Der Agrarvoranschlag für 2010 wurde in Musau dann doch im Einvernehmen und mit allen Unterschriften von Agrar und Bürgermeister beschlossen. Knapp ein Jahr später – beim Rechnungsabschluss für genau dieses Jahr 2010 – waren die Einnahmen der Jagdpacht plötzlich hinüber zur Agrargemeinschaft gewandert. BM Wachter traute seinen Augen nicht: „Einfach einseitig von der Agrar abgeändert und von Agrarausschuss und -vollversammlung im Nachhinein abgesegnet.“ Wachter hat berufen: „Aber wie man sieht, leben wir in Tirol längst in einem gesetzlosen Land.“