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Agrargemeinschaft Gleirsch und die Wegerechte des Alpenvereins

ORF.at: „ .. würde nun laut OeAV auch die Agrargemeinschaft Gleirsch im Sellraintal an der Wegefreiheit rütteln.“
TT: „..würde nun laut OeAV auch die Agrargemeinschaft Gleirsch im Sellraintal an der Wegefreiheit rütteln.“

 
Das vielfach missverstandene Reizwort Agrargemeinschaft verlangt, dass man sich dem aufgeworfenen Thema mit einem "gerüttelt" Maß an Genauigkeit nähert.
Fast das gesamte Gleirschertal im Sellrain steht mit den Einlagezahlen 7, 33, 48, 49 im Eigentum der Agrargemeinschaft Nachbarschaft Gleirsch.

Für das Flächenverständnis seien drei Grundparzellen aus dem Tiris aufgezeigt.
 
Mitten drin ist die Parzelle 81129-380/2 der Einlagezahl 51, die im Eigentum von „Deutscher Alpenverein, Sektion Pforzheim, e.V.“ steht. Diese Einlagezahl ist dem arglosen und von der Agrargemeinschaftsfrage unbeleckten Wanderer als die Pforzheimer Hütte bekannt. Die DAV-Sektion Pforzheim hat dieses Anwesen 1925 gekauft.
 
Bestandteil des Kaufvertrages waren laut Grundbuch auch:
a 540/1927 Recht des Weges auf sämtlichen Grundstücken der EZ 33 32 7
          90008 90009 für diese Liegenschaft
   2 a 540/1927 Recht des Baustoffbezuges auf sämtlichen Grundstücken der EZ 7
          33 für diese Liegenschaft
   3 a 540/1927 Recht der Beförderung und Lagerung von Baustoffen auf
          sämtlichen Grundstücken der EZ 33 32 7 90008 90009 für diese
          Liegenschaft
   4 a 540/1927 Recht der Einlagerung von Zement und anderer verderbbarer
          Baustoffe und der Unterkunft von Bauarbeitern in der inneren
          Gleirschalmhütte in EZ 33 für diese Liegenschaft
   5 a 540/1927 Recht des Bezuges von Trink- und Nutzwasser, der Wasserleitung
          und der Wasserableitung auf EZ 7 33 für diese Liegenschaft
   6 a 540/1927 Recht der Benützung der Gewässer zur Gewinnung elektrischer
          Kraft, der Herstellung und Instandhaltung der nötigen Anlagen hiezu
          und der Elektrizitätsleitung auf sämtlichen Grundstücken der EZ 33 32
          7 90008 90009 für diese Liegenschaft
   7 a 540/1927 Recht des unentgeltlichen Zundernbrennholzbezuges in EZ 7 33
          für diese Liegenschaft
   8 a 540/1927 Recht des entgeltlichen Brennholzbezuges auf Gst 375 376 377
          in EZ 7 für diese Liegenschaft
   9 a 540/1927 Recht der Weide auf EZ 7 33 für diese Liegenschaft
 10 a 540/1927 Recht der Telefonleitung auf sämtlichen Grundstücken der EZ 33
          32 7 90008 90009 für diese Liegenschaft

Zusammengefasst kann gesagt werden, der Alpenverein braucht sich keine Sorgen um Wegerechte zu machen, er hat sie 1925 käuflich erworben und sie sind seit 1927 grundbücherlich abgesichert. Nicht nur das, er kann durch seine Mitglieder auch das notwendige Brennholz beim Aufstieg zur Hütte dem Weg entlang sammeln lassen und auch mitgebrachte Kühe dürfen weiden. Und noch mehr.
 
Die Agrargemeinschaft Nachbarschaft Gleirsch ist jedenfalls eine Besonderheit: Sie wurde bei der Grundbuchanlegung auf Grund der Forsteigentumspurifikation und alter Verträge als Eigentumsgemeinschaft, als „Klassenvermögen“ ohne nähere Namensgebung im Eigentum der Einlagezahlen 8 Singerhof, 9 Toschhof und 10 Stumpferhof festgestellt. >>81129-33a>>

In Behördenverfahren wurden 1912 dieser namenlosen Eigentumsgemeinschaft auch noch die Einlagezahlen 48 und 49 der Nachbarschaft Gleirsch zugeschrieben, eine offensichtliche Korrektur des Grundbuchanlegungsverfahrens. Insoferne besteht mit den Einlagezahlen 48 und 49 ein alter, kleiner Zusammenhang mit Gemeindegut.

1925 erfolgte die „Umgründung“ der namenlosen Eigentumsgemeinschaft, sie wurde auf „Agrargemeinschaft Nachbarschaft Gleirsch“ getauft.
Zur Namensgebung von Eigentumsgemeinschaften siehe auch >>Nachbarschaften>>
 
Die Rechte der Sektion Pforzheim des DAV wurden „gem Pkt 3 9 Kaufvertrag 1925-07-19 für EZ 51“ gekauft und festgeschrieben.
1939 wurde die EZ 10 von der EZ 8 übernommen. Die Agrargemeinschaft steht heute im Eigentum von zwei Einlagezahlen, dem Toschhof EZ 90008 mit 5/8 und dem Singerhof EZ 90009 mit 3/8. Die zwei Eigentümer sind bekannt. Nicht so ihre volle Motivation zur Klagsdrohung.

Bleibt die Frage, warum sich der Österr. Alpenverein mit der Frage beschäftigen muss.
In seine Verantwortung fallen die (ausgezeichneten) Landkarten, die Wegerechte sind im Eigentum der Sektion Pforzheim des DAV.
Die „Agrargemeinschaft Nachbarschaft Gleirsch“ verlangt per Anwaltsbrief die Beschränkung bestehender Rechte.
So klingt die Drohung gewichtig, auch wenn nur zwei Großgrundbesitzer dahinter stehen. Sie machen Druck und verstecken sich dabei hinter einer Körperschaft öffentlichen Rechts. Man darf nicht verallgemeinern, aber hier hat sich Großgrundbesitz den Mantel Agrargemeinschaft umgehängt.
Was einst eine Behörde dazu veranlasst haben könnte, aus damals noch drei Großgrundbesitzern eine Körperschaft öffentlichen Rechts zu machen, wird wohl nur über den Aktenfundus der Agrarbehörde und des Schwarzmander-Bauernbundes herauszufinden sein.
Ein Verdacht des Mißbrauchs, des Tarnens und Nebelwerfens steht im Raum.
Bei meiner Ehr‘.