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Gemeindegut und bäuerliches Gemeinschaftsgut in Südtirol

Der Blick über die Grenze lohnt sich. Die Übersichtskarten von Gemeinnutzungsgütern bzw. Agrargemeinschaften in Südtirol eröffnen interessante Vergleichsmöglichkeiten bezüglich der Grundbuchsanlegung und der weiteren Entwicklung von Gemeindegut und bäuerlichem Gemeinschaftsgut in den Landesteilen Tirols.

Es ist durchaus eindrucksvoll, die beiden Übersichtskarten nebeneinander anzusehen.

Das Gemeindegut unserer Definition entspricht den
Gemeinnutzungsgütern:
 
Die Gemeinnutzungsgüter (Güter mit bürgerlichen Nutzungsrechten) im Eigentum der Fraktionen oder Gemeinden bestehen zum Großteil aus Wäldern, Weiden und Almen.
Bei Gemeinnutzungsrechten (bürgerliche Nutzungsrechte) handelt es sich vorwiegend um Weiderechte und Holzbezugsrechte. Nutzungsberechtigt sind alle seit mindestens vier Jahren in der betreffenden Fraktion bzw. Gemeinde ansässigen Bürger.
Die Gemeinnutzungsgüter sind laut geltender Rechtsordnung unveräußerlich und nicht ersitzbar. Die Rechte unterliegen nicht der Verjährung.

Anmerkung: In Südtirol sind die Fraktionen im Gemeinderecht erhalten geblieben. Laut Grundbuchanlegungsverordnung "Eigenthum der Gemeinde oder Theilgemeinde".

Der Begriff Agrargemeinschaften in der Südtiroler Definition entspricht den beiden Formen von bäuerlichem Gemeinschaftseigentum, wie sie in der Grundbuchanlegungsverordnung § 34 Abs. 4 und 6 für die gefürstete Grafschaft Tirol beschrieben sind:

Die Agrargemeinschaften (Interessentschaften, Nachbarschaften) sind Privatgemeinschaften von öffentlichem Interesse, die sich auf das volle Eigentum oder auf die bloße Nutzung von Grundstücken beziehen.



 
Die großflächige Übertragung von Gemeindegut/Gemeinnutzungsgütern in das Eigentum eigens gegründeter Agrargemeinschaften hat in Südtirol nicht stattgefunden. Man kann daher davon ausgehen, dass die beiden Übersichtskarten den annähernden Stand der Grundbuchsanlegung repräsentieren.
Deutlich ist sichtbar, dass die Agrargemeinschaften vor allem in den Almgebieten aufscheinen. Worauf bereits im § 34 Abs. 3 der Grundbuchanlegungsverordnung hingewiesen wird – namentlich Alpen, Eigenthumsgemeinschaften, Miteigenthumsverhältnisse etc.

Südtiroler Miteigentumsgemeinschaften gemäß § 34 Abs. 4 GBAV gibt es ja auch auf Nord- bzw. Osttiroler Gebiet.

Beispiele mit den historischen Grundbuchseinträgen:
Sölden:
Alpinteressentschaft Niederthal, I-39020 Schlanders, EZ
80110-561 a
AG Alpinteressentschaft Niederthal/AG Vent, EZ 80110-487 a
St.Jakob i.D.:
AG Jagdhausaipe, EZ
85106-364a
Finkenberg: 
LAVITZALPE, EZ
87104-218a
HERBERG-ALPE, EZ 87104-215a
SCHLEGEISENALPE, EZ 87104-219a
 
Die Gemeinnutzungsgüter im Eigentum der Fraktionen oder Gemeinden bestehen zum Großteil aus Wäldern, Weiden aber auch aus Almen. Die Flächen sind daher in der Übersichtskarte deutlich in Tal-nahen Lagen zu sehen.
 
Auch in Südtirol wurden in zahlreichen Gemeinden Teilwälder aus dem Gemeindegut nach Vereinbarungen auf der Basis der Novelle zur TGO LGBl. 65 von 1910 des Landes Tirol abgegeben und in Einzeleigentum übertragen. Anträge vieler Gemeinden hierzu, vorwiegend im Pustertal, sind in den Akten des Tiroler Landesausschusses im Landesarchiv vermerkt.