Fakten & Dokumente & Hintergründe
Privatschatullen der Spitzenpolitiker
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- Published: Sunday, 15 January 2017 20:07
Nicht nur in Tirol.
Aktuell gibt es beispielsweise, wenn man nach den Medien geht, eine Niederösterreichische Privatstiftung, die Tiroler Landesgedächtnisstiftung oder angeblich das Tiroler Landesunternehmen TIWAG.
Spektakuläre alte Fälle sind in Tirol jedoch selten in das Licht der Öffentlichkeit gerückt worden, vor allem dann, wenn die begünstigten Empfänger der bäuerlichen Welt zuzurechnen waren.
Zur Illustration seien zwei Fälle angeführt.
Der Landeskulturfonds kauft und verschenkt 119 ha Wald an eine Agrargemeinschaft:
Mit Kaufvertrag vom 14 09 1962 hat der Landeskulturfonds 118,7156 ha Wald von den Österr. Bundesforsten zum Preis von Schilling 4 280 000.- für ein Siedlungsverfahren erworben. Das entspricht einem Preis von Schilling 3,60/m² oder € 0,26/m². Die Waldparzellen wurden der zu diesem Zwecke gegründeten Agrargemeinschaft Klauswald übertragen. Mit dem Segen des verantwortlichen Landesrates, aber natürlich ohne Gegenleistung.
>>Kaufvertrag Landeskulturfonds>>
>>Grundbuchauszug 81307-335alt>>
>>Regulierungsbescheid AG Klauswald>>
Die TIWAG kauft und verschenkt 1 310 ha Alpe mit einem zusätzlichen Bargeldzuschuss an die Agrargemeinschaft Silzer Alpen:
Mit Kaufvertrag vom 10.12.1969 erwarb die Landesgesellschaft vom Zisterzienserstift Stams die Zirmbach-Alpe, ein Gebiet im Kühtai im Ausmaß von 1 310,5425 ha zum Kaufpreis von S 5.050.000.- oder S 0,3853/m², was € 0,0280/m² entspricht. Der Kauf diente dem Zweck der Realisierung der „Werksgruppe Sellrain-Silz“. Abt und Patres werden sich gefreut haben.
Mit Vertrag vom 20. März 1978 kaufte die TIWAG von der Gemeinde Silz aus den EZ 591 II, “Gemeindealpen” und EZ 597 II, “Gemeindewälder” jeweils KG Silz, Flächen im Ausmaß von 163,2866 ha.
Als Abgeltung erbrachte die TIWAG folgende Leistungen:
Eine Zahlung in der Höhe von S 5.240.000.-, wovon S 300 000.- der Gemeinde und S 4 940 000.- der eigens gegründeten Agrargemeinschaft bzw. ihrem Alpenrücklagefonds zuflossen. Weiters wurde der AG Silzer Alpen das Eigentumsrecht an der Zirmbach-Alpe übertragen. Zusätzlich zu dieser Schenkung gab es noch zwecks Behebung von Katastrophenschäden einen Barzuschuss von 2.760.000.- Schilling.
Insgesamt hat die TIWAG somit für den Erwerb der Kraftwerksflächen 13 050 000.- Schilling bezahlt. Das sind rund S 8,00/m² bzw. das über zwanzigfache des Preises für die Zirmbachalpe.
Der Eigentümerverteter, der Landeshauptmann des Landes Tirol, hat diesem Vorgehen der TIWAG zugestimmt. Wohlwollend vermutlich, da über 97% dieses Wertes der Agrargemeinschaft Silzer Alpen zugekommen ist.
Im Regulierungsplan der Agrargemeinschaft Silzer Alpen vom 02 09 1964 ist zudem noch festgehalten, dass alle künftigen Erträge aus Pachtverhältnissen für Schilifte und Schiabfahrten zur Gänze der AG bzw. dem Alpenrücklagefonds zufließen.
>>Kaufvertrag TIWAG – Stift Stams>>
>>Kaufvertrag TIWAG – Gemeinde Silz>>
>>Auszug Regulierungsplan>>
Das Ausmaß der Begünstigung ist in beiden Fällen eklatant. Von einem Sturm der Entrüstung war damals im Land nichts zu vernehmen. Nicht einmal ein Föhn-Lüfterl.
Aktuell wurde nun in Tirol ein Grundverkauf der TIWAG an einen Unternehmer in den Medien hochgespielt.
>>ORF.Tirol 2017 01 10>>
>>TT 18 01 2017 Haiming>>
Im Gegensatz zu den obigen Fällen ist eine finanzielle Begünstigung schwer zu behaupten. Auch die eigentumsrechtliche Seite sollte wohl seit 1950 abgeschlossen sein. Die TIWAG wurde in früheren Jahren als Politiker-Privatschatulle missbraucht, in diesem Fall jedoch vermutlich nicht. Es wurde nichts verschenkt.
Interessant ist, dass sich RA Dr. Bernd Oberhofer des Falles angenommen haben soll. Er ist jedenfalls im zugehörigen ORF-Beitrag in "Tirol heute" groß im Bild aufgeschienen. Es scheint eine erfolgsorientierte Prozessfinanzierungsgesellschaft angedacht zu sein - Modell Agrargemeinschaften. Mit ebensolchen Erfolgsaussichten.