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Der Landtagspräsident glaubt, sich rechtfertigen zu müssen - die Meinung von Rechtsexperten
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- Published: Sunday, 17 March 2013 19:20

>>Kronenzeitung 16 03 2013>>
>>Landtag 14 03 2013 Vormittag>> Landtagspräsident DDr. Herwig van Staa ab Minute 69:15
Dem ist die tatsächliche Rechtslage gegenüber zu stellen.
Jeder Zuseher konnte sich davon überzeugen, dass van Staa keine Mehrheit hinter sich hatte.
Die Mehrheit wollte bekanntlich das Gemeindegut-Rückübertragungs-Gesetz beschließen.
Dass dieses Gesetz mit allen Mitteln verhindert wurde, widerspricht dem demokratischen Prinzip in der Bundesverfassung (Art. 1 B-VG).
Hier die Meinung von einigen Rechts- und Geschäftsordnungsexperten zu den im Landtag erlebten Vorgängen:
Wenn Abgeordnete einen Gesetzesantrag an den Landtag herantragen, so handelt es sich um ein grundlegendes demokratisches Recht (Art. 36 TLO 1989). Die Gesetzgebung ist neben der Kontrolle der Vollziehung, der Wahl der Regierung und der Budgethoheit, die zentrale Aufgabe des Tiroler Landtages.
Der Hinweis auf die fehlende Begutachtung geht ins Leere. Der Gesetzesentwurf ist kein Schnellschuss gewesen, sondern wurde sehr sorgfältig vorbereitet; gestützt auf die Rechtssprechung und die Meinung sehr profunder Rechts- und Verfassungsexperten. Die Forderung van Staas, dass - beamtete und unter Weisung der Regierung stehende - Verfassungsdienste eine Freigabe für einen Gesetzesentwurf von Abgeordneten geben müssen, ist absurd und widerspricht ebenfalls dem demokratischen Prinzip und darüber hinaus dem freien Mandat. Van Staa möchte auch noch vorschreiben, zu welchem Zeitpunkt Abgeordnete Gesetzesanträge einbringen sollen.
Hinsichtlich Begutachtungsverfahren von Regierungsvorlagen gilt der Art. 36 TLO 1989. Das Unterbleiben eines Begutachtungsverfahrens hindert allerdings das verfassungsmäßige zu Stande kommen eines Gesetzes nicht.
Für Gesetzesanträge von Abgeordneten - Initiativanträge - ist eine solche Verpflichtung nicht vorgesehen, weil eine solche Vorschrift kaum mit dem freien Mandat vereinbar ist.
Die Ausschüsse des Landtages dienen lediglich der Vorberatung von Verhandlungsgegenständen; sie haben keinerlei Entscheidungskompetenz über das weitere Schicksal der Vorlagen (Art. 23 Abs. 1 TLO 1989).
Die Ausschüsse sind verhältnismäßig, entsprechend dem letzten Wahl-Ergebnis, zu besetzen, was bei einem elfköpfigen Ausschuss derzeit zum Ergebnis führt, dass die ÖVP mit 6 Mitgliedern die Mehrheit im Ausschuss für Rechts-, Gemeinde- und Raumordnungsangelegenheiten hat.
Mit dieser Ausschussmehrheit kann die ÖVP die Behandlung einer Vorlage, für die es im Plenum eine Mehrheit gibt, durch Aussetzung zunächst verhindern. Wenn der Antrag bis zum Ende der Legislaturperiode ausgesetzt wird, kommt es nicht mehr zur Abstimmung im Landtag. Somit kann die ÖVP, obwohl mit 16 Abgeordneten in der Minderheit, einen Mehrheitsbeschluss verhindern, was einer Ablehnung durch die Minderheit gleichkommt und verfassungsrechtlich äußerst bedenklich ist.
Allerdings kann diesem ständigen Aussetzen ein Riegel durch einen Fristsetzungsantrag nach § 69 Abs. 9 LT-GOG vorgeschoben werden. Wenn dies der Landtag mit Mehrheit beschließt, hat der Ausschuss Bericht zu erstatten. Die entsprechende Vorlage ist dann im Plenum zu behandeln und abzustimmen. Kommt der Ausschuss, dem Auftrag zur Berichterstattung nicht nach, so kann der Landtagspräsident den Gegenstand auf die Tagesordnung setzen und einen Berichterstatter bestimmen.
Entgegen dem Beschluss der Mehrheit auf Berichterstattung hat die ÖVP im Ausschuss dem Fristsetzungsantrag nicht entsprochen, sondern durch die weitere, unzulässige Aussetzung zur Einholung einer Expertise des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramtes, die Beschlussfassung des Gesetzes verhindert, für das es eine klare Mehrheit im Landtag gibt.
Wenn zur Begründung dieser geschäftsordnungswidrigen und undemokratischen Vorgangsweise vorgebracht wird, der Gesetzesentwurf wäre nicht verfassungskonform, so geht dieses Argument ins Leere. Es gibt keine verfassungsgesetzlichen Regelungen, wonach Minderheiten oder gar der Präsident aus derartigen Erwägungen ein Gesetzgebungsverfahren aufhalten könnten. Und das aus gutem Grunde: Dann käme nämlich die Politik vollständig zum Erliegen, weil es immer wieder Minderheiten gibt, die mit zu beschließenden Gesetzen nicht einverstanden sind.
Nach der Bundesverfassung ist der Verfassungsgerichtshof die einzige berufene Instanz zur Gesetzesprüfung (Art. 137 ff B-VG).
Der Präsident hat von seinem Recht, das Gemeindegut-Rückübetragungsgesetz auf die TO setzen, nicht Gebrauch gemacht. Damit wurden die Prinzipien der Geschäftsordnung, des Parlamentarismus und der Verfassung verletzt , weil ein Beschluss der Mehrheit nicht umgesetzt wurde. Der Hinweis auf die "kann"-Bestimmung im § 69 Abs. 9 LT-GOG greift nicht, weil der Präsident die Geschäftsordnung selbstverständlich verfassungskonform auszulegen hat.
Sämtliche Landesgesetze, bei denen der Verfassungsgerichtshof Bestimmungen wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben hat, sind als Regierungsvorlagen von der ÖVP eingebracht wurden, selbstverständlich nachdem sie vom Verfassungsdienst des Landes - und in manchen Fallen auch des Bundes - begutachtet wurden. Es sei vor allem an das Tiroler Grundverkehrsgesetz erinnert.
Die Mehrheit beschließt ein Gesetz und die letzte Instanz in einer Demokratie ist dann der VfGH. Die Verfassungdienste, die Ausschüsse, eine Minderheit im Landtag oder gar der Landtagspräsident haben nicht das Recht, die Mehrheit zu zensurieren. Das wäre Diktatur.
Wenn es in §69 Abs.9 GeoLT heißt, der Landtag könne dem Ausschuss jederzeit eine Frist zur Berichterstattung setzen, so kann das doch nur heißen, dem Ausschuss den Auftrag erteilen, innerhalb der Frist auch tatsächlich zu berichten. Der Bericht ist das Ergebnis der Vorberatungen.
Nach Vorliegen des Berichtes geht die Zuständigkeit zur Entscheidung über einen Geschäftsgegenstand wieder auf das Plenum über. Was im Bericht drinnen steht, ist dabei egal.
Die gegenteilige Rechtsmeinung würde bedeuten, dass der Ausschuss und der Präsident, konkret also ganz genau sieben Abgeordnete bzw. eine Sperrminorität von 13 Abgeordneten (1/3 + 1) die Möglichkeit hätten, die Behandlung eines Gesetzesantrages im Plenum ad infinitum zu verhindern.
Aus § 62 Abs.1 GeoLT ergibt sich, dass die Ausschüsse die Aufgabe haben, die Verhandlungsgegenstände (des Landtages) vorzuberaten. Nichts zu tun, verstößt gegen diese Verpflichtung. Das Gemeindegut-Rückübertragungsgesetz war fertig vorberaten. Die ÖVP-Mitglieder im Rechts- und Gemeindeausschuss wurden aufgefordert, neue Argumente zu bringen, wenn sie welche hätten. Es kamen keine neuen, es wurden nur die alten wiederholt und die Meinung vertreten, das Gesetz wäre schlecht gemacht und verfassungswidrig.
Nach Vorliegen des Berichtes geht die Zuständigkeit zur Entscheidung über einen Geschäftsgegenstand wieder auf das Plenum über. Was im Bericht drinnen steht, ist dabei egal.
Die gegenteilige Rechtsmeinung würde bedeuten, dass der Ausschuss und der Präsident, konkret also ganz genau sieben Abgeordnete bzw. eine Sperrminorität von 13 Abgeordneten (1/3 + 1) die Möglichkeit hätten, die Behandlung eines Gesetzesantrages im Plenum ad infinitum zu verhindern.
Aus § 62 Abs.1 GeoLT ergibt sich, dass die Ausschüsse die Aufgabe haben, die Verhandlungsgegenstände (des Landtages) vorzuberaten. Nichts zu tun, verstößt gegen diese Verpflichtung. Das Gemeindegut-Rückübertragungsgesetz war fertig vorberaten. Die ÖVP-Mitglieder im Rechts- und Gemeindeausschuss wurden aufgefordert, neue Argumente zu bringen, wenn sie welche hätten. Es kamen keine neuen, es wurden nur die alten wiederholt und die Meinung vertreten, das Gesetz wäre schlecht gemacht und verfassungswidrig.
Also hätte ein Ablehnungsbeschluss gefasst werden müssen. Dass dies nicht geschehen ist, stellt daher zumindest einen Missbrauch der in der Geschäftsordnung vorgesehenen Vorberatung durch die Ausschüsse vor.
Es steht in der GeoLT nirgends ausdrücklich drinnen, dass der Präsident einen Gegenstand (nachdem der Ausschuss seine Vorberatung tatsächlich oder mit Beschluss beendet hat) auf die Tagesordnung setzen muss. Wenn man daraus, wie van Staa, ableiten wollte, dass es dagegen nur einen Zweidrittelbeschluss gemäß § 45 GeoLT gäbe, würde das zur Konsequenz führen, dass während einer gesamten Legislaturperiode gegen den Willen des Präsidenten nur mit 2/3-Mehrheit Gesetze auf die Tagesordnung gebracht werden könnten.
Es wäre dann generell eine höhere Mehrheit erforderlich, um über ein Gesetz überhaupt abstimmen zu können, als nötig wäre, um das Gesetz selbst beschließen zu können. Das kann wohl nicht sein.
Es steht in der GeoLT nirgends ausdrücklich drinnen, dass der Präsident einen Gegenstand (nachdem der Ausschuss seine Vorberatung tatsächlich oder mit Beschluss beendet hat) auf die Tagesordnung setzen muss. Wenn man daraus, wie van Staa, ableiten wollte, dass es dagegen nur einen Zweidrittelbeschluss gemäß § 45 GeoLT gäbe, würde das zur Konsequenz führen, dass während einer gesamten Legislaturperiode gegen den Willen des Präsidenten nur mit 2/3-Mehrheit Gesetze auf die Tagesordnung gebracht werden könnten.
Es wäre dann generell eine höhere Mehrheit erforderlich, um über ein Gesetz überhaupt abstimmen zu können, als nötig wäre, um das Gesetz selbst beschließen zu können. Das kann wohl nicht sein.
Die Lösung ist auch ganz einfach: Gemäß § 19 Abs. 1 GeoLT hat der Präsident unter anderem darüber zu wachen, dass die Rechte des Landtages gewahrt, die dem Landtag obliegenden Aufgaben erfüllt und die Verhandlungen ohne unnötigen Aufschub durchgeführt werden.
Da die Beschlussfassung über Gesetzesanträge zu den Rechten und Aufgaben des Landtages gehört (vgl. z. B. Art. 15 und Art 35 TLO), hätte der Präsident diesen Verhandlungsgegenstand auf die Tagesordnung setzen müssen.
Landtagspräsident DDr. Herwig van Staa hat das nicht getan. Alles was er dazu sagte, sind Ausreden und Ausflüchte. Das Agrar-Unrecht wurde von ihm nahtlos fortgesetzt.
Landtagspräsident DDr. Herwig van Staa hat das nicht getan. Alles was er dazu sagte, sind Ausreden und Ausflüchte. Das Agrar-Unrecht wurde von ihm nahtlos fortgesetzt.