Fakten & Dokumente & Hintergründe

VwGH: Verbilligter Verkauf von AG-Grund an Verwandte eines Agrarmitgliedes ist Ausschüttung

Quintessenz:

Der verbilligte Verkauf eines Grundstückes an ein Agrargemeinschaftsmitglied oder auch an Verwandte des Agrargemeinschaftsmitgliedes hat als “Ausschüttung an das Agrarmitglied” zu gelten.
 
 
„11 Die Veräußerung der Grundstücke an die Schwestern des Revisionswerbers zu einem unter dem Verkehrswert gelegenen Kaufpreis stelle einen Vorteil dar, der dem Revisionswerber als Ausfluss seines Anteilrechts zugekommen sei. Die in Höhe der Differenz zwischen Kaufpreis und gemeinem Wert vorliegende verdeckte Ausschüttung sei beim Revisionswerber als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft zu erfassen.“
Das am Ende eines Finanzverfahrens stehende klare Erkenntnis hat nicht nur finanzrechtliche Bedeutung, sondern ist agrarvermögensrechtlich völlig gleich zu verstehen.
Die verdeckte Ausschüttung an ein Agrarmitglied stellt einen Substanzwert dar, der seit jeher ausschließlich der Gemeinde als allein Substanzberechtigte zusteht.
Die Gemeinde hat darauf Anspruch und muss diesen gemäß TFLG § 86d bis 31. August 2019 geltend machen.
Die gewählten Substanzverwalter, Vertreter der Gemeinde in den Agrargemeinschaften, sind verpflichtet, ja gefordert, die Ansprüche der Gemeinde zu erheben, aufzulisten und einzubringen.
Untätigkeit wäre ein erster Schritt zu Untreue gegenüber der Gemeinde.
 
Die Käufer dieser begünstigten Grundstücke, meist „Häuslbauer“, brauchen sich keine Sorgen zu machen.
Diese Vermögensauseinandersetzung betrifft nur die Agrargemeinschaft, die durch verdeckte Ausschüttungen begünstigten Agrarmitglieder und die Gemeinde.
In diesem rein öffentlich-rechtlichen Mitgliedsverhältnis gibt es keine Verjährung.
 
 
Die Fall-Fristsetzung des Landesgesetzgebers mit August 2019, mit Rückgriff bis 1998 dürfte letztlich wohl nur der Persilschein für eine glatte entschädigungslose Enteignung von Gemeindevermögen sein. Zum Schutze einer dörflichen Agrararistokratie, die die Gelegenheit zur scheinbar gesetzlich gedeckten Vermögensbildung in der Vergangenheit in überreichem Maß genutzt hat.
Dies muss gerade für alle offenkundigen Fälle gelten, wo der entschädigungslose Vermögenstransfer durch öffentliche Urkunden im öffentlichen Grundbuch verzeichnet ist. Hier liegen alle jene Urkunden, die die verdeckten Ausschüttungen klar beweisen und beziffern.
Die generelle Pauschalierung nach TFLG § 86d mit Rückgriff lediglich bis 1998, ohne notwendige Differenzierung zu diesen offenkundigen Fällen, scheint unsachlich, damit willkürlich und ist vermutlich verfassungswidrig.
Gefragt wäre der Mut einer Gemeinde, dies durchzujudizieren.
Mieming wird diese Gemeinde nicht sein. Den Mirfirins-Fraktionen ist das Hemd natürlich näher als der Rock.