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Rechnungshof rügt die Tiroler Landesregierung

Seit Juli/August liegt offensichtlich ein Rechnungshofvorbericht zur "follow-up"-Prüfung der Prüfung im Jahr 2010 vor. Eine sinnvolle Einrichtung. Die ständig publizierten Landes-Lippenbekenntnisse zur 100% igen Umsetzung der höchstgerichtlichen Erkenntnisse werden auf ihren Wahrheitsgehalt abgeklopft. Das Ergebnis sieht traurig aus.


Die zeitliche Nähe von Rechnungshofvorbericht, der Warnung der Agrarbehörde vor dem Leitfaden der Landwirtschaftskammer, dem OAS-Erkenntnis zu Axams und der Rücktrittsankündigung Steixners läßt einen politischen Zusammenhang erkennen.

Die Schwarzmander-Bauernbund-Methodik, trotz eindeutiger höchstgerichtlicher Erkenntnisse die Gemeinden mit Hilfe von Mustergutachten und dem Leitfaden der Landwirtschaftskammer, der mit der Behörde ausgepackelt wurde, weiter auszunehmen, weiter um ihren Substanzanteil zu betrügen, wurde vom Rechnungshof aufgeblättert.

So liest man in der TT:
"Diesmal kann der RH dem von der Landwirtschaftskammer unter Mithilfe der Beamtenschaft in der Agrarbehörde erstellten Leitfaden für die Rechnungsabschlüsse der Agrargemeinschaften nämlich nichts abgewinnen. In dem Berechnungsmodell gibt es erneut Abzüge zulasten der Gemeinden wie die Anrechnung eines fiktiven Minderertrags bzw. Mehraufwandes durch die Jagdwirtschaft. Letztlich musste dies auch die Agrarbehörde im Sommer erkennen und teilte, wie berichtet, der Bauernkammer und in der Folge den Gemeinden mit, dass die Berechnungsmethode nicht der Spruchpraxis der Agrarbehörde entspricht." ...

Das Land muss nun auch mit Taten einbekennen, dass die Substanzerträge zur Gänze den Gemeinden gehören. Die Mustergutachten sind ebenso wie die Leitlinien der LK vom Tisch. Das ist Gesetz und selbst für den OAS, klar den Höchstgerichten folgend, kein Thema.
Landesbeamte und Amtssachverständige wurden nun schon Jahre von der Regierung missbraucht. Sie mussten Agrargutachten, reine Falschgutachten zum Nachteil der Gemeinden erstellen.
Wie sagte VfGH-Präsident Dr. Holzinger: "VfGH-Erkenntnisse sind nicht verhandelbar".

TT:
"Schlussendlich müssen laut Rechnungshofbericht die von den Agrargemeinschaften in der Vergangenheit entnommenen Substanzerträge in die jetzige Ertragsaufteilung mit einberechnet werden."

Das hat
bereits der VwGH 2011 im Erkenntnis zu Mutters (Seite 16) klargestellt:
"Eine Feststellung, wonach Gemeindegut nach § 33 Abs. 2 Lit c Z 2 TFLG 1996 vorliege, beinhaltet daher auch einen (positiven) Ausspruch über den Restitutionsanspruch der Gemeinde."
Der RH sagt nichts Neues, er fordert die Umsetzung der höchstgerichtlichen  Erkenntnisse ein. Nicht mehr, aber auch nicht weniger, denn
"VfGH-Erkenntnisse sind nicht verhandelbar". Nicht für den VwGH, nicht für den Rechnungshof und schon gar nicht für irgendwelche Landesbehörden von Steixners oder Platters Gnaden..
Die Lernphase der Tiroler Landesverwaltung ist leider ungehörig lang. Von der Umsetzung gar nicht zu reden.

Was in den vergangenen 30 Jahren an klassischen Substanzerträgen an den Gemeinden vorbei  "entnommen" wurde, geht nach heutigem Wert in den Milliardenbereich. Es sind dies Bauland-, Schotter- und Steineverkauf, Einnahmen aus Baurechts- und Dienstbarkeitsverträgen, Jagderträge u.v.a.m.
Der überwiegende Teil dieser immensen Substanzeinnahmen schien nicht einmal in den Buchhaltungen der Agrargemeinschaften auf.

Siehe der Baulandverkauf und aktuell die Golfpacht in Mieming.
Beim Baulandverkauf wurden nur 15 bis 20% des Verkehrswertes in den Büchern der Agrargemeinschaften deklariert. Der Rest ging direkt an die nutzungsberechtigten Agrargemeinschaftsmitglieder. Bar oder als Vermögenswert.
Nach heutigem Verkehrswert
liegt das bei rund 100 ha Grund doch im Bereich von 200 Millionen Euro. Das
passierte nicht nur hier.
Aber vor allem, es passierte unter den Augen und mit Wissen der Agrarbehörde.
Die Agrargemeinschaftsbücher waren eine Hausnummernbuchhaltung, wesentliche Teile der Erträge schienen nicht auf, die Kosten wurden vermutllich vollständig erfaßt, jedoch rechtswidrigerweise nicht umgelegt. Die Naturalerträge aus den Wäldern wurden nie beziffert und entgingen so der Buchhaltung.
Nur die Grundrechnungsarten wurden genau eingehalten.
Es ist leider zu befürchten, dass versucht wurde, dem Rechnungshof die Korrektheit der Agrargemeinschaftsbuchhaltungen vorzugaukeln.

Tausende Rechnungsabschlüsse hat das Land bisher auf dieser Basis genehmigt.
Den Gemeinden sind dadurch immense Schäden entstanden. Das Treiben Steixners, seines Bauernbundes, der Landwirtschaftskammer, der Agrarbehörde und des LAS war wissentliches Beugen der Gesetze und Missachtung der VfGH-Rechtsprechung.
Es werden Amtshaftungsverfahren folgen müssen.

TT: "Für die nach dem Leitfaden bereits abgesegneten Rechnungsabschlüsse bringt der Gemeindeverbandspräsident sogar mögliche Amtshaftungsverfahren in Spiel."

Die
Kritik des Rechnungshofes im Bericht Tirol 2010/3 zu den Interessenkonflikten wird in der Stellungnahme des Landes nicht angesprochen:

Interessenskonflikte
29.1. Im Zuge seiner Gebarungsüberprüfung stellte der RH fest, dass Gemeinderatsmandatareauch Mitglieder in Agrargemeinschaften waren bzw. dass verwandtschaftliche Beziehungen zwischen den Agrargemeinschafts–Mitgliedern bzw. Mandatsinhabern bestanden. Dies könnte zu Interessenkonflikten führen.
29.2. Der RH regte gegenüber dem Land Tirol an, darauf hinzuwirken, dass weitreichende Entscheidungen, wie sie im Zusammenhang mit der Umsetzung des VfGH–Erkenntnisses 2008 anfallen können, nur von unbefangenen, nicht vom Anschein eines Interessenkonflikts betroffenen Entscheidungsträgern bzw. Organwaltern getroffen werden, um den Vorwurf einer Befangenheit von Gemeindevertretern zu vermeiden.
 
Noch deutlicher dazu Fußnote 49 im Rohbericht
"z.B wenn Mitglieder des Gemeinderates auch Mitglieder in der Agrargemeinschaft sind oder familiäre Nahebeziehungen zu Agrargemeinschaftsmitgliedern haben."
 
Interessenslagen gemäß § 29 (1) lit.a bis d TGO, die die Voraussetzung für einen Interessenskonflikt sind, werden von der Gemeindeaufsicht nicht als Befangenheitsgrund anerkannt.
Die Behörde hat beispielsweise bei allen Aufsichtsbeschwerden zu agrargemeinschaftlichen Beschlüssen im Gemeinderat der Gemeinde Mieming die Befangenheit gemäß § 29 (1) lit.a bis d TGO ausdrücklich verneint und nur die Ausnahme nach § 29 (2) für Agrargemeinschaftsfunktionäre in Anwendung gebracht.
Diese Interpretation ist vermutlich rechtswidrig, aber die geübte Praxis.
 
Da nur die Mitgliedschaft und nicht die Interessenslage als Befangenheitsgrund anerkannt wird, hat dies bei Abstimmungen folgende praktische Auswirkungen:

Wenn mehere Agrargemeinschaften im Ort bestehen, Mieming hat sieben, dann ist bei Beschlussfassungen bestenfalls ein oder ein zweites Mitglied bzw. Verwandter direkt betroffen. Diese Leute enthalten sich bei konkreten Abstimmungen zu ihrer Agrargemeinschaft. Sie patzen sich nicht an, keiner füllt direkt seinen Sack.
Es sind jedoch zehn Gemeinderäte agrargemeinschaftsnahe bzw. auch Mitglied und Funktionsträger. Mindestens neun davon sind bei Abstimmungen nicht direkt betroffen.
Sie haben jedoch jedenfalls die gleiche Interessenslage und werden immer der gemeinsamen Interessenslage entsprechend abstimmen.
Sie profitieren nur indirekt, aber sehr effizient und gegenseitig: Bei der nächsten Abstimmung können sie sich enthalten, dafür stimmen die anderen wiederum der Interessenslage entsprechend ab.
Es liegt also nicht an dem einen Agrargemeinschaftsmitglied das direkt profitiert, sondern an den anderen, die die gleiche Interessenslage wie der mögliche Profiteur haben und indirekt profitieren. Eventuell bei der nächsten Abstimmung.
 
Ein erhellendes Beispiel:
Die Jahresrechnungen von fünf Agrargemeinschaften werden einzeln und hintereinander abgestimmt. Bei jeder Abstimmung enthält sich ein anderer direkt Betroffener. Aber alle werden der gemeinsamen Interessenslage entsprechend beschlossen. Die Direkt-Profiteure haben sich enthalten, alle Indirekt-Profiteure haben immer zugestimmt.
 
Der entscheidende Punkt ist, dass von der Gemeindeaufsicht der § 29 (1) lit.a bis d TGO nicht als Kriterium für Befangenheit herangezogen wird. Insbesondere auch lit. d "sonstige wichtige Gründe", wo gemeinsame Interessenslagen zweifelsohne subsummiert sind.
Die nachweisbaren Befangenheiten werden von der Gemeindeaufsicht weiterhin zum Schaden der Gemeinden aktiv geduldet. Die Anregung in Punkt 29.2. aus dem Rechnungshofbericht 2010/3 wurde vom Land Tirol nicht umgesetzt.

>>Aufsichtsbeschwerde: Dürfen Gemeinderäte für den eigenen Sack beschliessen?>>


Die Landesregierung ist bei diesem „Nachzipf“ beim Rechnungshof mit Pauken und Trompeten durchgefallen.
Nur der Schwarzmander-Bauernbund-Obmann leidet erkennbar an selektiver Wahrnehmung:
 
TT: "Für Bauerbundobmann und Agrarreferent LHStv. Toni Steixner (VP) hat der Rechnungshof klargestellt, „dass wir punktgenau auf dem Weg sind“."

Oder er hat das auf seinen Rückzug bezogen. Dann ist dieser Weg richtig, er wird aber zu langsam und leider nur von ihm allein beschritten.

Bei meiner Ehr'.