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TT: Es rauscht heftig im Fügener Wald

Tiroler Tageszeitung, Printausgabe vom Do, 27.10.2011
Schwaz
Es rauscht heftig im Fügener Wald
Zwischen der Agrargemeinschaft Fügen-Fügenberg und den Gemeinden herrscht Eiszeit. Die Agrarier sehen sich um Erlöse gebracht und stellen sich beim Projekt Geolslift quer. BM Höllwarth hofft weiter auf Einigung.

Von Angela Dähling
Fügen, Fügenberg – Als Buhmann dargestellt und ungerecht behandelt – so fühlen sich der Obmann der Agrargemeinschaft Fügen-Fügenberg Hubert Leo und etliche seiner rund 260 Mitglieder. Nach 40 Jahren langer, guter Zusammenarbeit mit den beiden Gemeinden trifft man sich nun vor Gericht. Grund dafür ist das 2008 gefällte Urteil des Verfassungsgerichtshofes, wonach ehemaliges Gemeindevermögen, das allen Gemeindebürgern gehört hat, aber von Bauern genutzt wurde, offenkundig verfassungswidrig an Agrargemeinschaften übertragen wurde. Aufgrund dieses Urteils stellen die Gemeinden Fügen und Fügenberg nun Forderungen, denen die Agrargemeinschaft nicht nachkommen will.
„Was gewinnbringend ist, wollen die Gemeinden und die negativen Geschäftsfelder sollen wir behalten“, ärgert sich der Fügener Ortsbauernobmann Alois Huber. Laut höchstgerichtlichem Erkenntnis stehen den beiden Gemeinden Einnahmen aus Baurechts- und Dienstbarkeitseinräumungen sowie Erlöse aus Grundverkäufen, Jagdverpachtung und dem Verkauf jenes Holzes, das über die bestehenden Ansprüche der Bezugsberechtigten (Überling) hinausgeht, zu.
„Das ist, als ob man zu einem Hausbesitzer sagt, er müsse seine Mieteinnahmen an Dritte abgeben“, meint Alois Huber. Denn rentabel seien vor allem die Jagdverpachtung und Entschädigungen für Pistenflächen. Der Holzverkauf sei hingegen weniger lukrativ, da die Waldpflegemaßnahmen sehr kostenintensiv seien.
Dass die Agrargemeinschaft dafür sowie für die Instandhaltung des 90 km unfassenden Wegenetzes weiterhin zahlen soll, sei nicht mehr finanzierbar, meinen auch Obmannstellvertreter Georg Pfister und der Pankrazberger Ortsbauernobman Sepp Steinberger. Obmann Hubert Leo verweist auf ein Minus von 146.000 Euro im Jahr 2010. Wie hoch die Rücklagen sind – kolportiert werden Millionenbeträge –, darüber will sich niemand der Herren äußern. Nur so viel: Man habe sie u. a. durch eine sehr sparsame Verwaltung und ertragverbessernde Bewirtschaftung erzielt. Die Agrargemeinschaft besitzt 2012 Hektar Grund. Davon sind laut Leo rund 1300 Hektar Ertragswald, 434 Hektar Schutzwald und der Rest unproduktives Ödland.
Zusätzlich angespannt ist die Beziehung zwischen den Gemeinden und den Agrariern, weil die Spieljochbahn mit Fügens BM Walter Höllwarth als Geschäftsführer, wie berichtet, eine Skigebietserweiterung im Bereich Geols­alm plant. Grundbesitzer ist dort die Agrargemeinschaft. Vor rund 50 Jahren wurde in dem Gebiet durch Bereitstellung öffentlicher Mittel mit umfangreichen Aufforstungen begonnen, nachdem 1951 eine Riesenlawine bis zum Finsingbach abging. Bauern wurden ausbezahlt. Auch ein Objektschutzwald mit höchster Schutzkategorie sorgt für mehr Sicherheit. In die 90 Hektar wurden in den letzten 50 Jahren valorisierte 100 Millionen Euro investiert. Sie seien nicht gegen eine Skigebietserweiterung, sagen die Agrarier, wohl aber in diesem Bereich.
Schützenhilfe erhalten sie von Josef Plank, Leiter der Wildbach- und Lawinenverbauung in Schwaz. Das geplante Projekt sei ein mittelmäßiges und nicht genehmigungsfähig, meint Plank und verweist auf negative Stellungnahmen seitens der WLV, der Forstinspektion und der Grundeigentümer. „Das Kasperltheater sollte endlich aufhören“, wird Plank deutlich. Bekanntlich spricht sich Landeshauptmann Günther Platter für das Geolsbahn-Projekt aus. „Selbst eine Weisung von ihm würde nichts nutzen. Denn die Rodungsbewilligung kann nur der Grundbesitzer beantragen“, erklärt Plank. Da die Agrarier sie nicht beantragen wollen, werde es keine geben.
BM Walter Höllwarth ist im Agrarstreit um Konsens bemüht. Auch VBM Rudolf Kössler betont, die Gemeinden wüssten, das auch Pflichten auf die Gemeinden zukommen. „Wir werden uns in der Wegerhaltung einbringen“, sagt Kössler und erklärt, beide Gemeinden seien vor dem Regulierungsverfahren im Jahr 1971 je zur Hälfte Besitzer der Grundflächen gewesen.
„Fügen hat der Regulierung nie zugestimmt, das geht aus alten Akten hervor. Wegen Aussichtslosigkeit hat die Gemeinde es schließlich ohne Zustimmung hingenommen“, sagt Kössler. Fügen und Fügenberg halten seitdem je sieben Prozent Anteile an der Agrargemeinschaft. Man habe immer gut mit der Agrargemeinschaft zusammengearbeitet und sei bemüht, gemeinsam eine Lösung zu finden, hält Bürgermeister Höllwarth fest. „Aber es gibt da einige wenige Hardliner, die hoffentlich bald zur Vernunft kommen“, fügt er an und betont, der Rechtsweg sei nun einmal einzuhalten.

Anmerkung:
Bei der Novellierung des TFLG 1952 hat Landesrat Eduard Wallnöfer die Gemeindebeteiligung von 20 % verkündet. Tatsächlich
wurde annähernd die Hälfte der Gemeinden überhaupt nicht beteiligt und viele erhielten nur Bruchteile davon. So auch in Fügen. Die Lebenslüge des Tiroler Bauernbundes wird auch im Zillertal offenbar.

>>Die Lebenslüge des Bauernbundes>>