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TT: Grabenkämpfe statt Lösungen im Agrarstreit

Tiroler Tageszeitung, Printausgabe vom So, 01.05.2011
Grabenkämpfe statt Lösungen im Agrarstreit
Auch sechs Jahre nach seinem Aufflammen hält der Agrarstreit Tirol noch weiter fest im Bann, wie eine Debatte in Innsbruck zeigte.

Von Christoph Mair
Innsbruck– Die Frage „Recht oder Unrecht?“ beim Dauerbrenner Agrargemeinschaften konnte bei einer stark besuchten Diskussion des Renner Instituts am Freitag in Innsbruck nicht restlos beantwortet werden. Dafür aber erlaubte der Abend eine Standortbestimmung in dem schon seit sechs Jahren währenden Konflikt um die so genannten Gemeindeguts­agrargemeinschaften, denen laut Verfassungsgerichtshof „offenkundig verfassungswidrig“ Eigentum der Gemeinden übertragen worden ist.
Eines wurde in der zeitweise sehr emotional geführten Debatte, bei der sich erstmals Vertreter der Gemeinden und der Agrargemeinschaften direkt gegenüberstanden, rasch klar: Der Streit lässt sich trotz mehrerer Erkenntnisse der Höchstgerichte und einer Novelle des Tiroler Flurverfassungsgesetzes nicht so bald aus der Welt schaffen. Denn die Agrarier stehen nach wie vor auf dem Standpunkt, dass kein Grundeigentum übertragen, sondern bei den umstrittenen Regulierungen nur festgestellt worden sei, wer schon Eigentümer gewesen sei, wie es Agrar-Rechtsanwalt Bernd A. Oberhofer zusammenfasste. Er sprach von Eigentums- und Vertrauensschutz für die Bauern.
Letzteren mahnte auch der Klubdirektor des SP-Landtagsklubs und Mitglied der Agrar-Expertenkommission des Landes, Günther Hye, für die demokratischen Institutionen ein: Urteile der Höchstgerichte seien umzusetzen. „Es kann nicht sein, dass eine Minderheit vom Vermögen der Mehrheit profitiert.“
Geschaffen hätten dieses Vermögen, etwa die Autobahnstation Schönberg, meist die Agrarier, steht für Georg Danzl, Obmann der Plattform Agrar fest. „Nach 50 Jahren soll das plötzlich dem Staat gehören. Wenn das von Ihnen ist, was würden Sie dazu sagen?“, fragte er das Publikum. Applaus von der bäuerlichen Seite. Ganz anders Gemeindeverbandspräsident Ernst Schöpf: Obwohl die Lage „glasklar“ sei, nämlich dass den Gemeinden der über agrarische Nutzungen hinausgehende Substanznutzen zustehe, hätten sie „bis auf ein paar Almosen oder Beruhigungstabletten“ bisher kein Geld gesehen. Wieder Applaus, diesmal von der anderen Seite. Der viel strapazierte Dorffrieden sei am besten wiederherzustellen, „wenn wir uns alle an den gesetzlichen Rahmen halten“, meinte Schöpf. Der Moderator des Abends, Heinrich Neisser, plädierte abschließend dafür, das notwendige Augenmaß nicht zu vergessen.
Siehe dazu auch die Kolumne   >Recht und Unrecht und das richtige Augenmaß>