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Eiertanz um die Nutzungsrechte

In der TT vom 15. Juni 2011 stand unter "Mieming ist bei Fixpreisen sehr flexibel" im Bericht zur Gemeinderatssitzung vom 8. Juni zu lesen: "Für BM Dengg liegen diese Vereinbarungen außerhalb des Einflusses der Gemeinde, weil die Ablöse von Nutzungsrechten nicht den Gegenstand des Grundverkaufs aus Gemeindegut betrifft."

Das ist eine mehrfache Verdrehung der Tatsachen und eine reine Schutzbehauptung, mit der sich Dr.Dengg vor der Verantwortung und vor aktivem Handeln drücken möchte. Selbstverständlich ist eine Nutzungsrechtablöse ein Bestandteil des Gesamtkaufpreises, der sich am Verkehrswert orientiert. Und selbstverständlich hat die Gemeinde viele Möglichkeiten einzugreifen.
Unter anderem:
  • Die einfachste ist, derlei Zustimmungsanträge gar nicht auf die Tagesordnung zu setzen.
  • Oder, ohne die Vorlage eines Kaufvertrages keinen Grundverkauf im Gemeinderat zu behandeln. Denn das alleinige Aushandeln eines Kaufvertrages über einen Substanzwert durch die Agrargemeinschaften ist nach VfGH-Erkenntnis Mieders II eine grobe Verletzung der umfassenden Dispositionsbefugnis bzw. der Eigentümerrechte der Gemeinde. Überhöhte Nutzungsrechtablösen sind ein Eingriff in den Substanzwert, daher müssen sie geprüft werden.
  • Verträge ohne klar geregelte gerechte Abgeltung vorhandener Nutzungsrechte müssen nicht akzeptiert werden. Die Mehrheitsfraktionen sind fahrlässig, wenn sie ohne vorliegende Verträge einen Beschluss zu fassen.
  • Agrargemeinschaften als Körperschaften öffentlichen Rechts sind verpflichtet, in der Abwicklung von Substanzwertgeschäften auch auf die Rechte der Gemeinde zu achten.
Hinsichtlich der Höhe von Nutzungsrechtablösen ist die rechtliche Lage ebenfalls klar:
So heißt es im VfGH-Erkenntnis G170/04 ua vom 10.03.2005, Sammlungsnummer 17503, Seite 12  
"In Anbetracht der ohnedies ihren Zwecken dienenden (auf alten Herkommen beruhenden) Nutzungsrechte ist kein Grund ersichtlich, der es rechtfertigen könnte, den bloß Nutzungsberechtigten ohne Rücksicht auf das Verhältnis des Wertes ihrer Nutzungsrechte zum Wert des Ablösungsgrundstücks einen den Wert des Nutzungsrechts übersteigenden Teil der dienenden Liegenschaft selbst zu verschaffen."
In der Bibel für Agrargemeinschaften, dem TFLG, steht im § 40 Abs. 4:
" ... so gebührt dem Teilwaldberechtigten als Gegenleistung der Holzvorrat auf der Teilwaldfläche, eine Entschädigung für eine allfällige vorzeitige Nutzung der hiebsunreifen Holzbestände und für allfällige wirtschaftliche Erschwernisse sowie die Hälfte des Bodenverkehrswertes. Der Bodenverkehrswert ist dabei nicht nach der Widmung auf Grund der Bestimmungen des Tiroler Raumordnungsgesetzes zu bemessen, sondern nach dem Verkehrswert eines in derselben Gemeinde gelegenen Waldgrundstückes gleicher Bonität."
Also, Teilwaldberechtigten stehen von Gesetz wegen keine Ansprüche auf einen Widmungswert als Bauland zu. Die Höhe von Nutzungsrechtablösen für Mieming liegt laut BFI im Bereich von unter € 2.-/m².

Das alles ist natürlich den Agrargemeinschaften bekannt, aber sie nehmen auch diese Regeln nicht zur Kenntnis.

Und hier beginnt der Eiertanz aller Verantwortungsträger.

Der Bürgermeister erklärt, keinen Einfluß zu haben. Der Substanzwert des Gemeindegutes als Teil des Gemeindevermögens ist ihm wie den Gemeinderäten zur treuhändigen Verwaltung anvertraut. Er hat die Pflicht das Notwendige dazu zu tun.

Die Gemeindeaufsicht erklärt sich wie immer in Agrargemeinschaftsfragen für unzuständig. Hätte jedoch die Einhaltung der diversen Gesetze und VfGH-Erkenntnisse, wenn sie einzelne Gemeinderatsbeschlüssen berühren, zu beurteilen.

Die Agrarbehörde hat 2009 zu Beginn der Gespräche in Mieming erklärt, die Nutzungsrechte seien nicht Gegenstand der Verhandlung. Was sich wohl bei der Aufarbeitung der ganzen Materie auch im Sinne der Rechte der Gemeinde nicht wird vermeiden lassen.
Faktum ist es, daß sie in Bezug auf die geteilte Verrechnung von Nutzungsrechten und Grund und Boden immer die Augen verschlossen hat.
Faktum ist es, dass in der Vergangenheit Tipps zur Bemessung der Nutzungsrechtablösen gegeben wurden. So empfahl der Behördenleiter Dr.Mair am 28.07.1960 in einer Besprechung mit den Teilnehmern Agrargemeinschaftsvorstand und Gemeindevorstand, daß die Nutzungsrechtablöse mit mindestens 2/3 des Verkaufserlöses veranschlagt werden soll. Sachgerechte Schätzungen der Bezirksforstbehörden waren dazu keine Grundlage.
Konnten bis in die 70er Jahre im Erbfalle Nutzungsrechte an Verwandte in gesetzwidriger Weise einfach abgetreten werden, so war es ab 1982 für Verwandte nur mehr möglich Grundstücke zu einem geringfügigen Preis bei gleichzeitigem Verzicht des Nutzungsberechtigten auf die Nutzungsrechte zu kaufen. Ob die Nutzungsrechtablösen in den Kaufverträgen mit der Agrargemeinschaft aufschienen oder nicht, hat die Genehmigung durch die Behörde nicht beeinflußt.

Den Agrargemeinschaften war und ist es ein Anliegen, die Tatsache der Nutzungsrechtablösen nach außen soweit als möglich zu verschleiern, sei es die Höhe der Zahlungen oder die Tatsache der Zahlung überhaupt.
Noch bei einer mündlichen Verhandlung am 27.06.2006 war es den anwesenden Agrargemeinschaftsvertretern ein Anliegen, dass „es uns weiterhin möglich sein müsse, dass wir die Ablösebeträge für Teilwaldrechte wie bisher nicht nennen müssten“.
Man wünschte sich vermutlich einen Freibrief zur „Steuergestaltung“. Dementsprechend gab es in den Kaufverträgen alle Varianten: von korrekten Angaben der Nutzungsrechtablösen, zu Teilangaben, keine Angaben, bis zu „vermutlichen“ Falschangaben.

Bei korrekten Angaben im Vertrag betrug der Anteil der Nutzungsrechtablöse durchschnittlich zwischen 80 und 90% des Verkaufspreises.
Im agrargemeinschaftsinternen Verkehr in Barwies und See-Tabland-Zein wurden in jüngerer Zeit Nutzungsrechte für Waldstücke sachgerecht mit € 1.- bis 2.- bewertet und in Widmungshoffnungsgebieten mit bis zu € 30.- .
Täusche von Nutzungsrechten gegen das Eigentum an Grund und Boden zwischen Berechtigten und der Agrargemeinschaft bei gleichen Tauschflächen, gehören dann schon in den Bereich von unerlaubten Gewinnausschüttungen, da für den Nutzwert der Verkehrswert, also mehr als das hundertfache, eingetauscht wurde.
Ebenso wenn Ablösen durch die Agrargemeinschaft höher waren, als die Verkaufspreise an Mitglieder.
Der Verkaufserlös, der Verkehrswert des Grundstückes, abzüglich des Nutzwertes von rund € 2.- ergibt den Substanzwert, der ausschließlich der Gemeinde zusteht.
Auf die Klarlegung dieses Faktums will der Bürgermeister keinen Einfluss haben, die Gemeindeaufsicht übt sich in Unzuständigkeit, die Agrarbehörde toleriert und genehmigt die Zustände und die Agrargemeinschaften üben sich weiter im Verschleiern, Tarnen und Täuschen.
Auf diese Art
bekommt die Gemeinde nicht, was ausschließlich ihr zusteht.

Der Bürgermeister behauptet damit auch keinen Einfluss auf die verpflichtende Umsetzung der Rechtslage zu haben und will deshalb auch keinen Beschluss zu Vorgaben der Gemeinde an die Agrargemeinschaften fassen.
Obwohl er weiß
  • daß der Substanzwert ausschließlich der Gemeinde zusteht.
  • die übrigen Mitglieder der Agrargemeinschaft verfügen demgegenüber in Ansehung des Substanzwerts über keinerlei Rechte.
  • Dieser Anspruch der Gemeinde auf den Substanzwert des Gemeindegutes stellt aber gleichermaßen eine durch die Eigentumsgarantie geschützte Rechtsposition dar, die auch das subjektive Recht der umfassenden Dispositionsbefugnis über alle vom Eigentumsschutz erfassten Rechte gewährleistet.
Er will auch keinen Einfluss auf die Ausübung der Nutzungsrechte nehmen, da er ebenso weiß, dass weit mehr als die Hälfte der Nutzungsberechtigten "Stalltür zu Bauern" sind und daher die Rechte eigentlich gelöscht werden müssten.
Insgesamt ist dies ein rechtsbrecherischer Eiertanz des Bürgermeisters und der Behörden
zum Schaden der Gemeinde.
Choreographen sind die bauernbündischen Schwarzmander in Tirol. Die Bewahrer des durch >"atypischen Rechtsübergang"> entstandenen Beutegutes.


>TT vom 15. Juni 2011>

>Rundschau vom 15. Juni 2011>