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Gemeinderatssitzung vom 13. 07 2011: Routine, Rechtsbeugung und Vernaderung

Der wesentliche Diskussionsteil der vergangenen Gemeinderatssitzung spielte sich unter dem TO-Punkt Anträge und Allfälliges ab.
Einzig bei den Punkten 4. und 5., der Umwidmung von 5000 m² Wald in Weidach in Bauland gab es teilweise kontroversielle Standpunkte.
Die Forstbehörde gab zur Umwidmung eine negative Stellungnahme ab. Der grundsätzliche Bedarf, der auch ein öffentliches Interesse rechtfertigt, ist nur deshalb gegeben, weil sich die Baulandreserven von Mieming im Ausmaß von weit über 30 ha nicht zu einem "sozialen Preis" von € 100.-/m² mobilisieren lassen. Begünstigte der Agrargemeinschaften horten die Gründe als Kapitalreserve. Das ist ein Sündenfall, der aber die Bedarfssituation leider nicht löst. Vorgegebene Aktivitäten des Landes versagen vor der Realität.
Die LISTE STERN hat dem Antrag nicht zugestimmt, weil die grundsätzliche Vorgangsweise nicht der Rechtslage entspricht, weil zwar die Verrechnung der Grundverkäufe im Wert von € 500.000.- über den Rechnungskreis II gewährleistet erscheint, aber der sofortige Zugriff der Gemeinde auf Guthaben aus dem Rechnungskreis II aber durch Agrargemeinschaften und die Haltung der Behörden gesetzwidrig verhindert wird. Die diesbezüglichen Bemühungen des Bürgermeisters halten sich ebenso in Grenzen.
Es ist jedoch Geld, das der Gemeinde zusteht.
Zur grundsätzlichen Vorgangsweise:
Im Erkenntnis Mieders II sagt der VfGH ganz klar, dass den Agrargemeinschaften zum Substanzwert keinerlei Verfügungsgewalt zusteht und weiters, dass die Nutzungsberechtigten über kein Recht zum Substanzwert verfügen.
Daraus folgt, die Gemeinde hat den öffentlichen Bedarf festzustellen, die Gemeinde hat - irgendeine - Agrargemeinschaft aufzufordern, die Flächen für den öffentlichen Bedarf bereitzustellen, die Gemeinde hat die Preise festzusetzen und die Gemeinde hat diese Geschäfte abzuwickeln.
Bürgermeister Dr. Dengg als Verwaltungsjurist weiß das, er hat sich aber nicht daran gehalten. Er war bei den Agrargemeinschafts-Beschlüssen anwesend, er agiert praeter legem und redet die Rechtmäßigkeit dieser Vorgangsweise seinen Fraktionsmitgliedern ein.
Er ist seiner besonderen Verantwortung nicht nachgekommen.
Siehe auch 
>>Es bleibt alles beim Alten>>

Die geordnete und objektive Vergabe der sozial begünstigten Gründe ausschliesslich an Gemeindeangehörige – auch an jene ohne Agrargemeinschaftsverwandtschaft - ist durch das derzeitige Verfahren ebenso nicht gewährleistet. Deshalb gab es keine Zustimmung.

Unter Punkt 12) Anträge, Anfragen und Allfälliges wurde die Diskussion lebhafter.
GR Wolfgang Schatz berichtete über die Tätigkeit der Gemeindevertreter für die Agrargemeinschaften. Der Besuch der Sitzungen wurde in Zahlen dokumentiert. Wer wann wo war, bleibt einstweilen noch verborgen. Die Prüfung der Jahresabschlüsse 2010 und Voranschläge 2011 sei bis auf zwei Fälle, die innerhalb der nächsten vierzehn Tage geschehen sollte, bereits erfolgt. Ein umfassender Prüfungsbericht wird dem Gemeinderat Ende August/Anfang September vorgelegt werden. Die Vorgangsweise ist im Hinblick auf die Vorlage an den Gemeinderat als positiv zu bewerten, auch wenn die Rechtmäßigkeit des Prüfvorganges außerhalb der Einsichtnahme des Überprüfungsausschusses in Zweifel gezogen werden muß.

GR Ulrich Stern stellte anschliessend namens der LISTE STERN folgende Anfragen:
Die sinngemäßen Antworten des Bürgermeisters dazu sind jeweils nachher eingefügt.
  • Die Eigentumsverhältnisse im Jagdrevier Obermieming wurden richtig gestellt. Was ist seither geschehen? Wurde für die Zukunft die Zahlung des aliquoten Anteils der Jagdpacht an die Gemeinde beim Pächter veranlaßt? Welche Schritte hat die Gemeinde gegenüber der AG Obermieming gesetzt, um die zu Unrecht einbehaltene Pacht aus 59 Jahren zurück zu erhalten? Gibt es eine Reaktion der AG Obermieming auf die geänderte Sachlage?
Bgm. Dr.Dengg: Die Gemeinde Mieming hat keinerlei Schritte gesetzt. Im Übrigen ist die Sache bis auf die letzten drei Jahre verjährt. Eine Reaktion der Agrargemeinschaft Obermieming ist nicht erfolgt.
Anmerkung dazu: Das mag so sein, aber der Bürgermeister hätte jedenfalls die Pflicht, sich sofort um die Pacht der letzten drei Jahre in der Höhe von rund € 15.000.- zu kümmern. Der zu Unrecht bezogene Pachtbetrag der Jahre seit 1952 hat jedenfalls in die Aufarbeitung der Vergangenheit einzufliessen, denn der Substanzertrag hat laut VfGH der Gemeinde seit "jeher" zugestanden. Auch wenn er zu Unrecht bezogen wurde. In diesem Fall mit doppeltem Unrecht.
  • Herr Pirktl hat seinen Antrag zum Kauf eines Grundstückes für Personalwohnungen während der letzten GR-Sitzung zurückgezogen. Begründung war unter anderem, dass er bezüglich des Preises nachverhandeln möchte. Ist er diesbezüglich an die Gemeinde herangetreten? Wenn nicht, mit wem verhandelt er?
Bgm. Dr.Dengg: An die Gemeinde Mieming ist Herr Pirktl bisher nicht herangetreten.
Anmerkung dazu: Die Verfügung über Substanzwerte, also z.B. über einen Grundstückspreis, ist eindeutig laut VfGH-Erkenntnis Mieders II alleiniges Recht der Gemeinden. Gewerbegründe nehmen in jeder Gemeinde eine Sonderstellung ein. Darüber wird die Gemeinde befinden müssen. Und nur die Gemeinde. Es ist nicht nur Recht, sondern auch Pflicht von Bgm. Dr. Dengg, diese Verfügungsgewalt wahrzunehmen.
Herr Pirktl sollte dies bereits erkannt haben. Alle anderen Schritte hintergehen die alleinige Dispositionsbefugnis der Gemeinde.
  • Die Rahmenbedingungen für die Preisgestaltung bei Grundverkäufen aus dem Gemeindegut wurden zwar positiv angesprochen, doch keinem Beschluss zugeführt. Wann wird eine Beschlussfassung erfolgen?
Bgm. Dr.Dengg: Die informelle Übereinkunft in der protokollierten Form reicht so.
  • Wasser ist der wichtigste Substanznutzen aus dem Gemeindegut. Welche organisatorischen Veränderungen und Maßnahmen sind angedacht, das Dispositionrecht zur Geltung zu bringen? Es gibt Gerüchte zu neuen Wasserfassungen im Stöttlbereich, verbunden mit Nutzung durch ein Kleinkraftwerk. Was ist daran real?
Bgm. Dr.Dengg: Es sind keinerlei organisatorischen Veränderungen und Maßnahmen für die Wahrnemung dieses Substanzrechtes der Gemeinde angedacht. Überlegungen zu einer neuen Wasserfassung und auch zu einem Kleinstkraftwerk gibt es, sind jedoch noch nicht diskussionsreif.
Anmerkung dazu: Die Verfügung über Substanzwerte, also auch über die Wasserrechte, ist eindeutig laut VfGH-Erkenntnis Mieders II alleiniges Recht der Gemeinden. Es ist nicht nur Recht, sondern auch Pflicht von Bgm. Dr. Dengg, diese Verfügungsgewalt auszuüben. Wobei die Organisationsform nicht wesentlich ist, sondern nur das Verfügungsrecht der Gemeinde darin.
GR Stern stellte zum Thema Teilwaldnutzungsrechte am Gemeindegut den Antrag:
  • Mehr als die Hälfte der nutzungsberechtigten Einlagezahlen betreibt keine Landwirtschaft mehr. Mit Stilllegung der Landwirtschaft sollten gemäß TFLG die Nutzungsrechte am Gemeindegut erlöschen und die Nutzung damit wieder der Gemeinde zufallen. Es ist daher für die Gemeinde von hohem Interesse die Nutzungsrechte zu aktualisieren.
    Daher ersuchen wir, folgenden Antrag als eigenen Punkt auf die Tagesordnung der nächsten Gemeinderatssitzung zu setzen:
    Der Gemeinderat möge beschließen:
    Die Gemeinde Mieming als Mitglied aller Mieminger Agrargemeinschaften fordert die Agrarbehörde auf, die aktuelle Rechtmäßigkeit der einzelnen Nutzungsrechte gemäß §54 TFLG im Zuge der laufenden Verfahren in den Agrargemeinschaften zu überprüfen und gegebenenfalls richtig zu stellen.
Bgm. Dr.Dengg hielt eine sofortige Abstimmung für möglich, wird aber die Angelegenheit bzw. die Behandlung prüfen.

Es folgte seitens Dr. Dengg in einem emotionalen Ausbruch eine untragbare Vernaderung der LISTE STERN und ihrer Aktivitäten. >>weiterlesen>>

GR DI Storf ist es ein Anliegen, vermehrt zukunftsorientierte Gestaltung im Gemeinderat zu diskutieren. Daher trug er folgende Anregungen vor:
  • Die Themen des Gemeinderates, der Ausschüsse und wohl auch das Arbeitsprogramm der Gemeindevertretung sind zu einem überwiegenden Teil von Routine- und Verwaltungstätigkeiten eingenommen – „Verwalten statt Gestalten“.
  • Demgegenüber ist es auch Aufgabe der örtlichen Politik, gesellschaftliche, technische (und andere) Entwicklungen in ihrer Relevanz für die Gemeinde zu erkennen und den gegebenen Gestaltungsspielraum zum Wohl der Gemeindebürger zu nutzen.
  • Wir regen daher an, zukunftsträchtige Themen zu sammeln, verstärkt zu diskutieren, eventuell aus dem Kreis der Gemeinderäte, Interessierten und Fachkundigen (Lokalen wie Auswärtigen) Ausschüsse und Diskussionsforen zu gründen, Initiativen zu prüfen und gegebenenfalls umzusetzen.

Als Beispiele dafür führte er an:
  • Etablierung von Mieming als solare Vorzeigegemeinde:
    Wer sollte bessere Voraussetzungen dafür haben als das Sonnenplateau?
    Warum nicht eine Initiative vergleichbar mit den Aktivitäten des Ökozentrums?
    Oder Anleihe nehmen bei Österreichs Solarhauptstadt Gleisdorf?
    Förderung der Fotovoltaik analog zur Solarthermie
    etc.etc.
"Fibre to Miemings’ homes"
Glasfaser-Anbindungen mit hoher Geschwindigkeit und Datenbreite für Dienstleistung, Gewerbe, Tourismus und Privat
Erkundung der Möglichkeiten für ein Pilotprojekt mit einschlägigen Anbietern (IKB u.ä.)

GR Stern ergänzte zu diesem Punkt, dass ein durch die Post/Telekom verlegtes Glasfaserkabel bis Mieming besteht. Man sollte das nicht brach liegen lassen, sondern alle Verwendungsmöglichkeiten prüfen.
  • Zukunftsfähige Wasserversorgung, technische und organisatorische Weichenstellung
  • Dezentrale Wärme- und Energieversorgung
    Eine Chance für die lokale Land- bzw. Forstwirtschaft: Biomasseanlagen für kleinräumige Abnehmerverbunde Gewerbe/Tourismus/Private
    Kraft-Wärme-Kupplungen
    Kleine/mittelgroße Solarfarmen, smart grids zum Energiemanagement
  • etc.etc.
Den anschliessenden Kurzbeiträgen zu den vorgetragenen Anregungen war zu entnehmen, dass die Mandatare der agrarischen Mehrheitsfraktionen diese Ideen als unbrauchbar, derzeit oder generell undurchführbar bzw. als unwirtschaftlich abqualifizieren und die Initiative im Übrigen eher als unerbetene Einmischung in agrarische Angelegenheiten betrachtet wird.
Siehe auch Isidors Glosse >>Nachricht von vorgestern>>

Bgm. Dr.Dengg ging auf die Anregung, die möglichen Aktivitäten in einer Arbeitsgruppe zu bündeln, nicht ein. Er verwies auf das Recht jedes Mandatars, Anregungen und Ideen in den Ausschüssen einzubringen.
Die LISTE STERN ist für diesen Hinweis dankbar, auch wenn uns die rechtliche Sachlage bekannt ist. Wir versuchen darin, die beschworene "Gemeinsamkeit und das Gestalten statt Verwalten für Mieming" zu erkennen. Sollten wir das richtig verstanden haben, so hat das am Amtsweg stattzufinden, Euphorie ist mitzubringen.