Aktuelles

Gemeinderatssitzung vom 08.06.2011, keine agrarischen Verhaltensänderungen

Es bleibt alles beim Alten,
die Agrarier tun was sie wollen,
der Bürgermeister läßt sie gewähren und tritt wieder einmal nicht für die Gemeinderechte ein

In der Gemeinderatssitzung vom 08.06.2011 standen wieder einige Agrargemeinschaftsthemen auf dem Programm.
Dengg- und van Staa-Fraktion waren sich darin einig, VfGH-Erkenntnisse und daraus erfliessende Pflichten gemäß Tiroler Gemeindeordnung und TFLG nicht anzuwenden. Wieder einmal.
Man schreitet auf dem rechtlichen Holzweg – wo auch sonst bei Waldagrargemeinschaften - mit vermutlicher Rückendeckung der Landesbehörden wacker voran.
Die Genehmigung von Grundverkäufen durch die Agrargemeinschaften Barwies und Obermieming stand auf der Tagesordnung.
Der Antrag über ein großes Areal zur Errichtung eines Hotel-Schwarz-Baues im Stöttlbachbereich wurde in der Sitzung vom Antragsteller persönlich zurückgezogen.
Die übrigen Anträge, alle betreffend kleinerer Restflächen, wurden behandelt. Da es insgesamt um Substanzwerte der Gemeinde ging, war die Frage der Preisgestaltung und die Einflussnahme der Gemeinde darauf von vorrangiger Bedeutung.
 
Grundsätzliche Übereinstimmung gab es auf Anregung der Liste Rauch und daran anschließend der Liste Stern dahingehend, dass über alle Bereiche des Gemeindegutes in Mieming die gleiche Preisgestaltung gelten sollte. Diese Übereinstimmung wurde aber vom Bürgermeister keinem Beschluss zugeführt, sondern blieb eine protokollierte Empfehlung und hatte auch keinen Einfluss auf die weiteren Beschlüsse.
 
Im Ergebnis war es so, dass in Barwies von der Agrargemeinschaft um Zustimmung zum Verkauf zum Preis von € 40.-/m² ersucht wurde, wobei dieser dann in der Diskussion noch auf € 25.-/m² reduziert wurde. Von der AG Obermieming wurde um Genehmigung von drei Flächen zum Preis von € 65.-/m² angesucht, wobei in einem Fall noch die Einigung mit den Nutzungsberechtigten herbeizuführen war. Was nach der bisherigen Übung mit einer Zahlung zur Ablöse der Nutzungsrechte verbunden ist. Die Höhe einer Ablösezahlung wurde nicht bekannt gegeben oder war möglicherweise nicht bekannt. Kaufverträge wurden dem Gemeinderat nicht vorgelegt.
In einem weiteren Tagesordnungspunkt wurde die Bar-Ablöse eines geplanten aber nicht realisierten Grundtausches im Zuge der Dorferneuerung Barwies zum damals vereinbarten Tauschwert von € 100.-/m² beschlossen.
Grundsätzlich war der damals beschlossene Tauschwert der sogenante Einheimischenpreis, der auch bei den jetzigen Verkäufen eine faire Basis wäre. Der tatsächliche Baulandpreis in Mieming bewegt sich etwa bei € 250.-/m². Es wurden bereits weit über € 300.- (
>zum Beispiel>) gefordert und bezahlt. Der Geldfluss geht weiterhin von der Gemeinde weg, eine Einbahn durch agrargemeinschaftliche Abstimmungen im Gemeinderat.
 

Insgesamt ergibt sich folgendes Bild:
  • es wurden vier verschiedene m²-Preise für vergleichbare Grundverkäufe bezahlt, die Einwirkung der Gemeinde war nur im eigenen Bereich möglich
  • die Mehrheit im Gemeinderat hat keinen Anspruch auf eine, entsprechend der gängigen Praxis möglicherweise überhöhte, Nutzungsrechtablöse gestellt. Nutzungsberechtigte haben gemäß VfGH keinen Anspruch auf eine Ablöse, die über den tatsächlichen Nutzwert hinausgeht
  • die Gemeinde hat nicht versucht, durch Mitwirkung und geeignete Vertragsgestaltung möglicherweise ungerechtfertigt erfolgende Zahlungen zu verhindern
  • die Gemeinde hat für den öffentlichen Bedarf  bei der Dorferneuerung Barwies den höchsten Preis bezahlt
  • Bürgermeister und Gemeinderatsmehrheit haben keinen Versuch unternommen, das gleiche Preisniveau entgegen den Ansuchen der Agrargemeinschaften herzustellen
  • der Gemeinderat hat keinen Einblick in die Kaufverträge
  • die Gemeinde bezahlt ihre Bar-Ablöse beschlussgemäß sofort
  • die Agrargemeinschaften verbuchen die Einnahme aus gemeindeeigener Substanz hoffentlich gesetzeskonform in den Rechnungskreis 2.
  • die Gemeinde hat auf die Einnahmen aus Grundverkäufen gesetzwidrigerweise keinen sofortigen Zugriff und ist auf das Wohlwollen der Agrargemeinschaften angewiesen
  • Gemeinderat oder Überprüfungsausschuss bekommen keinen Einblick in die Abwicklung der Zahlungen in der Buchhaltung der Agrargemeinschaften
 
Die steht alles im krassen Widerspruch zu allen bisherigen VfGH-Erkenntnissen zum Gemeindegut, an deren sofortigen Umsetzung selbstverständlich auch der Bürgermeister gebunden wäre.
Es seien dazu einige Kernsätze aus dem Erkenntnis Mieders II zitiert:
  • daß der Substanzwert ausschließlich der Gemeinde zusteht.
  • die übrigen Mitglieder der Agrargemeinschaft verfügen demgegenüber in Ansehung des Substanzwerts über keinerlei Rechte.
  • Dieser Anspruch der Gemeinde auf den Substanzwert des Gemeindegutes stellt aber gleichermaßen eine durch die Eigentumsgarantie geschützte Rechtsposition dar, die auch das subjektive Recht der umfassenden Dispositionsbefugnis über alle vom Eigentumsschutz erfassten Rechte gewährleistet.
  • Es ist daher verfassungsrechtlich geboten, den Anspruch der Gemeinde auf den Substanzwert des Gemeindegutes – hier im Wege der Einräumung von Zustimmungs‐ und Einwirkungsrechten – zu wahren, weil ansonsten der Gemeinde die Ausübung ihrer Eigentümerbefugnisse verfassungswidrig vorenthalten werden würde.
  • Es ist nicht unsachlich, wenn der Gesetzgeber zur Bestimmung der den Substanzwert betreffenden Einnahmen und Ausgaben eine getrennte, insbesondere auch die Kontrolle durch die substanzberechtigte Gemeinde ermöglichende Rechnungslegung verlangt.
Es geht in diesen Fällen nicht um große Summen, aber es geht um die Einhaltung von Grundsätzen des Rechtsstaates. Die Dengg- und van Staa-Fraktion kümmern sich nicht darum. Der Rechtsstaat ist ihnen "wurscht", die Agrargemeinschaften dürfen mit dem Gemeindegut weiterhin alles tun, was sie wollen. Es bleibt alles beim Alten.
Erhellend ist die geradezu tragikomischen Einschätzung der AG Barwies in ihrem Schreiben: "... Aufgrund der momentanen Situation ...". Dem Herrn Ortsbauernobmann als Mitglied und auch als Gemeinderat sei gesagt, der VfGH macht keine "momentanen" Entscheidungen. Sie sind endgültig, sie sind nicht verhandelbar, sie sind allgemein und sie sind einzuhalten.
Im Anschluß an den Bericht des Obmannes des Übrprüfungsauschusses Dr. Rauch merkte der Bürgermeister auf Anfrage von GR Stern zu den weiteren Prüfungen von Agrargemeinschaftsabschlüssen an, diese werden von den sogenannten "Gemeindevertretern" in den Agrargemeinschaften durchgeführt werden, natürlich nur für den Rechnungskreis 2.
Als ob man irgendwo auf der Welt in irgendeinem Wirtschaftsbetrieb eine nur teilweise vorliegende Buchhaltung sachgerecht und korrekt prüfen könnte. Vor zwei Sitzungen sprach er auch noch von Einsichtnahme im Sinne des Wortes. Die Substanzwerte des Gemeindegutes sind ein Bestandteil des Gemeindevermögens, gehören zum eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde und sind daher genau so zu prüfen, wie alles andere in der Gemeindeverwaltung, nämlich durch den Überprüfungsausschuss. Das ist eine Pflicht.
Anregungen und Einladung des Gemeindeverbandes wurden nicht erwähnt.
>Zur Einladung>
Der Bürgermeister "verarscht" den Gemeinderat und die Öffentlichkeit. Offensichtlich auftragsgemäß entsprechend den "Empfehlungen" eines Merkblatt des Landes ohne jede gesetzliche Grundlage.
Zum Schaden der Gemeinde.
Ein abschließendes highlight der Sitzung war zur die Schau getragene Ahnungslosigkeit der Mehrheitsfraktionen, als GR Regina Westreicher Fotos der Jagdhütte "Rösslerhütte" präsentierte, die eine Terrassenausstattung mit Tischen und Bänken für ca. 25 Personen zeigte. Jetzt können dort ganze Jagdgesellschaften zu einem Umtrunk "ansitzen". Aber das geht, so scheint es, die Gemeinde nichts an. Auch wann das alles auf Gemeindegut stattfindet.
 
Fazit: Es war eine Sitzung, bei der die Gemeinderäte durch die Haltung des Bürgermeisters wieder einmal in die Rolle der teilinformierten "Abnicker", "Ja-Sager" oder auch des "nützlichen Werkzeuges" aus der Sicht der Agrarier gedrängt wurden. Mangels Debattenbeiträgen aus den Mehrheitsfraktionen reduzierte sich die Diskussion auf das bürgermeisterliche "Abwimmeln" lästiger Redebeiträge der Opposition.