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ÖVP-Pamphlet an Gemeinderäte

Panikmache, Kassandrarufe, Unwahrheiten, Halbwahrheiten, Vermutungen und krause Behauptungen sind die Ingredienzien eines Schreiben, das Landeshauptmann und ÖVP-Parteiobmann Platter aus Anlaß des Sonderlandtags zum Rückübertragungsgesetz an Gemeinderäte in Tirol versandt hat.


Die Panikmache ist ebenso anmaßend wie lächerlich:
Wenn dieses Gesetz in Kraft träte, würde sofort Chaos herrschen und überhaupt, ohne ÖVP wäre Tirol dem Chaos ausgeliefert:

"..., ob sie das Land Tirol damit in ein endloses Chaos auf Kosten des Friedens in unseren Dörfern stürzen, ..."
"Mit der im Zuge des Sonderlandtages geforderten Rückübereignung des Gemeindegutes an die Gemeinden drängen die Chaos heraufbeschwörenden Kräfte in Tirol nun auf ein neues Agrargesetz und verlassen damit wider besseren Wissens den verfassungsrechtlichen Bogen."
"Verfassungswidriges neues Agrargesetz als Beginn von Chaos in Tirol"
"Mit dieser Kehrtwendung würden vergangener und abgeklungener Streit wieder neu entfacht und endloses Chaos in Tirol verursacht werden."
"Dieses Szenario wäre der Beginn von Chaos in Tirol."
"... die Tiroler Volkspartei und ich als Landeshauptmann von Tirol jegliche Versuche, unser Land Tirol unter einer Chaoslawine zu ersticken, .."
"... wir lassen nicht zu, dass unser Land Tirol in Chaos verfällt!"

Das alles, Herr Landeshauptmann, ist Hybris, ist lächerliche und maßlose Selbstüberschätzung.
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Flurverfassungsrecht:
Hier liegen zumindest grobe Fehlinterpretationen, oder eher bewußte Falschinformationen vor:
Platter:
"dass die Agrargemeinschaften grundbücherliche Eigentümer bleiben und demgemäß Anspruch auf Eigentumsschutz haben (nach Art. 5 stGG b7w. An 1. 1. ZPEMRK)."
Dagegen der VfGH im zitierten Mieders I
 
"Anders als die allgemein als öffentlich-rechtlich angesehenen, wenngleich auf Grund alter Übung nur bestimmten Gemeindemitgliedern zustehenden Nutzungsrechte ist der Anteil der Gemeinde an dem als agrargemeinschaftliches Grundstück regulierten Gemeindegut als Surrogat ihres ursprünglichen (durch die Regulierung beseitigten) Alleineigentums und somit auch in Gestalt des bloßen Anteils an der Agrargemeinschaft jedenfalls Eigentum im Sinne des Art5 StGG bzw. Art1 1. ZP EMRK. "
Platter:
"Einnahmen aus land- und forstwirtschaftlicher Nutzung stehen der Agrargemeinschaft zu"
Dagegen der VfGH
"Der über die Summe der Nutzungsrechte hinausgehende Substanzwert des Gemeindegutes, der je nach Art der Nutzung möglicherweise freilich erst bei Eingriff in die Substanz oder bei Teilungen zutage tritt, steht daher der Gemeinde zu (vgl. VfSlg. 9336/1982).

Da ist nichts unklar, auch die Frage des Überlings ist daher schon längst entschieden. Die Aussagen des Landes sind falsch.

Fazit: Die Schwarzmander-ÖVP-Schreiberlinge haben keine Ahnung, die juristischen Berater lügen und der verantwortliche Parteiobmann, ebenfalls ahnungslos, unterschreibt diesen Käse.
 
"Thema Agrargemeinschaften ist politisch gelöst."
Schon die Zahlen sind falsch. Es sind mit Sicherheit nicht "lediglich" 254 Gemeindegutsagrargemeinschaften, denn in dieser Zahl sind Fälle wie Ainet nicht enthalten. Hier gibt es noch Dutzende, vor allem in Osttirol, die hier nicht enthalten sind. Selbst der Matreier Bürgermeister Dr. Andreas Köll spricht in seiner Gemeinde von "22 vermuteten" Gemeindegutsagrargemeinschaften. Die ehemals zuständige Landesrätin Hosp ging, bereits schadensminimierend, von über 400 aus.
Die Schadens-Zahlen werden systematisch bagatellisiert:
"Über 4,3 Mio. Euro sind dadurch im Zuge des neuen Tiroler Flurverfassungs-Landesgesetzes bereits von den Agrargemeinschaften an die Gemeinden geflossen."
Peanuts, gemessen am Gesamtschaden für die Gemeinden, werden bejubelt.
Allein in Mieming wurden etliches über 100 ha Gründe verkauft, also zu "Cash" gemacht oder durch hypergünstigen Kauf - € 2,90/m² im Jahr 2008 - dem Privatvermögen der einzelnen Agrarier bzw. ihrer Familie zugeführt. Der Verkehrswert dieser gesamten Fläche beträgt heute, sehr vorsichtig geschätzt, rund € 230.000.000.- (zweihundertdreißig Millionen). Eine Verwandte eines Nutzungsberechtigten, hat in wenigen Jahren Gründe, die sie aus dem Gemeindegut erhielt, im Wert von über € 1.000.000.- verkauft.
Die Zahlungen der Agrargemeinschaften sind Peanuts gemessen am Schaden, der den Gemeinden zugefügt wurde.
Alle veröffentlichten Zahlen sind im höchsten Maße anzweifelbar.
Hier ist politisch nichts gelöst, sondern nur zugedeckt und in der Wiedergutmachung verhindert.
 
"Rückübereignung des Gemeindegutes ist verfassungswidrig"

Dazu VfGH Mieders I:
"4. Die Beschwerde rügt in der Sache selbst nur die Verletzung des Gleichheitssatzes. Sie scheut offenbar, eine Verletzung des Eigentumsrechtes geltend zu machen, weil die Gemeinde nicht mehr Eigentümerin der Liegenschaften ist. Der Verfassungsgerichtshof ist an die Rüge der Beschwerde insoweit nicht gebunden. Er sieht vielmehr auch das Eigentumsrecht als verletzt an: ..."

Jede Begründung eines Gutachters oder eines Verfassungsdienstes, dass ein Landesgesetzgeber durch die Verfassung verhindert sei, eine Rechtsverletzung durch ein geeignetes Gesetz wieder gut zu machen, ist absurd. Im Gegenteil, der Gesetzgeber ist verpflichtet, den rechtmäßigen Zustand wieder herzustellen. Das ist eine politische Aufgabe. Der VfGH gibt nur in einem Verfahren gegen einen Bescheid keine Rezepte vor, wie das auszusehen hat.

Es ist keine Verfassung eines Staates bekannt, die begangenes Unrecht schützt.
Land Tirol, Landeshauptmann und Parteiobmann Platter haben mit der Auswahl eines Gutachters, der Co-Autor eines Plattform-Agrar-finanzierten Buches ist, den Weg jeglicher Objektivität verlassen. Auf die die Qualifikation des Leiters der Abteilung "Öffentliches Wirtschaftsrecht" an der Uni Wien muß daher nicht eingegangen werden.
>>Intelektuell unredlich>>

Die vorgeschützte Verfassungswidrigkeit ist ein schlichter Witz.

"Tiroler Volkspartei ist einzige verfassungstreue Kraft im Land"

Soll man lachen oder weinen?
Angesichts der Tatsache, dass die gesamten Aktivitäten der verantwortlichen ÖVP-Politiker im Bereich der "Regulierungen" von Agrargemeinschaften, beginnend im Jahr 1948, vom Verfassungsgerichtshof als offenkundig verfassungswidrig und rechtswidrig eingestuft wurden, kann man ob dieser Behauptung nur den Kopf schütteln. Die gesamte Schwarzmander-Ahnengalerie hat am Unrecht mitgewirkt. Seit 30 Jahren weiß man Bescheid und hat nichts getan, den verfassungswidrigen Zustand zu verändern.
Man muß hier gar nicht das Grundverkehrsrecht erwähnen.
Die ÖVP ist die einzige Partei in Tirol, die allein aus Gründen des Machterhalts und der Bewahrung von agrarischen Pfründen, die Verfassung über nunmehr 65 Jahre missachtet hat.

Der Schaden für die Gemeinden ist unermesslich. Politiker und Landesadministration haben den Gemeinden das Gemeindegut genommen und verhinderten aktiv über die Jahre hinweg bis heute die Rückführung.
Das ist nicht mit verfassungstreu zu beschreiben, sondern nur mit "Untreue".
Bei meiner Ehr'.