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Die Schande der Tiroler Landesregierung

Bürgermeister Mag. Ernst Schöpf, Präsident des Tiroler Gemeindeverbandes begründet in einem Schreiben an Landeshauptmann Platter die Aufklärungsarbeit des Verbandes für die Tiroler Bürgermeister und Gemeinderäte:
Ich bin beim "Predigen" (copyright: KO Josef Geisler in der Bauernzeitung vom 31.03.2011) bei den Bürgermeisterkolleginnen und -kollegen in Osttirol und halte fest, dass ich keine Diskussion und Auseinandersetzung scheue. Von wem immer und wo immer gewünscht.
Dass diese Bürgermeister- und Gemeindemandatareinformationen zu den Rechnungsabschlüssen 2010 der Gemeindegutsagrargemeinschaften notwendig sind, ist ärgerlich, hat aber damit zu tun, dass aus der Agrarbehörde Richtlinien und Handlungsanleitungen ergangen sind, die in offenkundigem Widerspruch zum Tiroler Flurverfassungslandesgesetz, zur Tiroler Gemeindeordnung und zu den einschlägigen VfGH-Erkenntnissen aus 1982, 2008, 2010 und 2011 stehen (nicht unerwartet deckt sich das mit den Veröffentlichungen in der Tiroler Bauernzeitung). Der VfGH formuliert im jüngsten Erkenntnis zu Mieders vom 28.02.2011 fünfmal (Randziffern 29, 30, 31, 43, 47), dass der Substanzwert (dazu zählt - entgegen der Behördenauffassung - auch der über die Nutzungsrechte hinausgehende Holzeinschlag) "ausschließlich" der Gemeinde gehört.
Da ist kein Platz für Vereinbarungen und Amtssachverständigengutachten. Die Behörde hat hier eine eindeutige Schlagseite.
Kleines Beispiel aus einem reichhaltigen Fundus: Laut dem mit Amtstinte geschriebenen "Modell zur Aufteilung von Erträgen aus Bestandsverträgen auf land- und almwirtschaftlich genutzten Flächen zwischen Agrargemeinschaft und Gemeinde" wäre die jährliche Überweisung einer Schiliftgesellschaft für das Überfahren von Grundstücken zu 79% der Agrargemeinschaft und - man staune - zu 21% der Gemeinde, also dem Rechnungskreis II zuzurechnen, obwohl die Nutzungsrechte nicht geschmälert werden. Das Beispiel ist deswegen konkret, weil es ein Behördenmitarbeiter einem Agrargemeinschaftskassier vorgerechnet und dieser wiederum selbstbewusst und stolz bei mir vorgesprochen hat. Es gibt dann auch noch ein (überflüssiges, weil im VfGH-Erkenntnis 1982 alles schon klargestellt wurde) behördliches "Modell zur Ermittlung des land- und forstwirtschaftlichen Anteils am Jagderlös". Im amtlichen Formblatt wird übrigens das Jahresergebnis 2009 (und ein positives Jahresergebnis kann nur aus Substanzerträgen stammen) glasklar falsch dem Rechnungskreis I zugeordnet.
Wenn hier eine Gemeindeunterschrift mit Siegel gesetzt wird, dann ist dieses Geld für die Gemeinde für immer verloren.
Die Vergangenheit wird gänzlich verschwiegen, obwohl der VfGH zu Langkampfen (Dezember 2010) sagt, dass die Vermögensauseinandersetzung zur Vergangenheit statt zu finden hat.
Dass der Tiroler Gemeindeverband von solchen behördlichen Handlungsanleitungen, die zum Teil vom März 2010 stammen, nur durch Zufall erfährt, wird man wohl nicht in die Kategorie der vertrauensbildenden Maßnahmen einordnen wollen. Vor diesem Hintergrund sind die Gemeindemandatare verständlicherweise verunsichert (und vielfach sauer), weil sie grundsätzlich davon ausgehen, dass die Behörden unter Anleitung der Landesregierung nach den Bestimmungen der Gesetze die Verwaltung zu erledigen haben (Art. 20 B-VG).
Bei meinen "Predigten" wird keinerlei sektiererische Botschaft unters Volk gebracht, sondern lediglich eingefordert, dass sich alle Akteure bis hinauf zu den höchsten politischen Würdenträgern an die Gesetze und die Judikatur der Höchstgerichte halten. Das sollte - möchte man meinen - in einer gereiften Demokratie kein überzogenes Verlangen sein.
Dass vor mehreren Jahrzehnten „offenkundig verfassungswidrig“ (VfGH 2008 zu Mieders) Unrecht geschehen ist, ist sicher kein Ruhmesblatt. Dass es jedoch sehenden Auges und mit dem aktuellen Wissensstand fortgeschrieben werden soll, ist eine Schande.